Mittwoch, 23. September: Das FilmInitiativ Köln e.V. bringt schon seit einigen Jahrzehnten neue afrikanische Filme in ihrer jährlichen Filmreihe in Köln auf die große Leinwand. Mit der Reihe „African Diaspora Cinema“ hat der Verein nun einen Schwerpunkt auf schwarze FilmemacherInnen gesetzt, die in ihren Werken die Lebenssituation schwarzer Menschen in einer von Weißen dominierten Gesellschaft beleuchten. Im Kurzfilmblock „Schwarze FilmemacherInnen aus Deutschland“ präsentierte man im Rahmen des Festivals fünf Kurzfilme, zu denen drei der Regisseure nach der Projektion im öffentlichen Gespräch noch Fragen beantworteten. Den Anfang machten zwei Filme der mittlerweile in der Nähe von Köln auf dem Land lebenden Regisseurin, Autorin und Bildmischerin Nancy Mac Granaky-Quaye. In „Beento“, ihrem Abschlussfilm an der ifs Köln aus dem Jahr 2007, rekonstruierte sie das Kennenlernen ihrer deutschen Mutter mit ihrem ghanaischen Vater. Aus Gründen der Dramaturgie hatte sie dieses in die DDR verlagert, was nicht ganz den realen Vorkommnissen entspricht. Dennoch hatte sie sich akribisch in die Thematik eingearbeitet: „Ich habe mir im Bundesarchiv viele Fotos zum Thema afrikanischer Studenten in der DDR angeschaut und auch DEFA-Filme mit diesem Hintergrund gesichtet.“ Ironischerweise hat Granaky-Quaye erst nach dem Abschluss der Dreharbeiten von der Existenz einer Halbschwester in der DDR erfahren, deren Geschichte sie unwissentlich in „Beento“ nacherzählt hat.
Gemeinsam mit Esther Donkor drehte Nancy Mac Granaky-Quaye 2013 dann den semi-dokumentarischen Familienfilm „Kniffel“, in dem es um die Würfelleidenschaft von Donkors schwarzem Vater und ihrer weißen Großmutter geht. Eigentlich hatte sich Donkors Familie nicht bereit erklärt, bei dem Film mitzuwirken, die jungen Filmemacherinnen rückten aber dennoch eines Tages mit der Kamera an und dokumentierten die langjährige Leidenschaft und die Ablehnung derselben durch Donkors Großvater. Am Ende hätten alle dabei großen Spaß gehabt, erläuterte die Regisseurin, die nun mit einer Freundin auch den Blog „KrauseLocke“ betreibt, in dem es längst nicht mehr nur um Haarprobleme, sondern auch um Musik, Film und andere kulturelle Belange geht. „Wir sind eine Seite für krause Köpfe und krause Gedanken“, behauptet Esther Donkor selbstbewusst von ihrem Onlinemagazin.
Ebenfalls gegen den Strom schwimmt der schwarze YouTube-Nachwuchsstar Tarik Tesfu, der am Abend seine Filme „Du sollst nicht!“ und „Deutsche Neger gibt es nicht“ präsentierte. Als doppelter Außenseiter hat Tesfu Sexismus, Rassismus und Homophobie zu seinen bevorzugten Themen erkoren. „Ich versuche, mit Witz und Humor an die Sache heranzugehen, ihr damit etwas von ihrer Ernsthaftigkeit zu nehmen und trotzdem anzuregen, dass darüber gesprochen wird“, erläuterte er beim Publikumsgespräch. Seit Januar 2015 ist sein Kanal „Tariks Genderkrise“ auf YouTube abrufbar. Die ersten sechs Monate wurde das Projekt von einem Förderprogramm der Film- und Medienstiftung NRW unterstützt. Nun hat Tesfu mit Spiegel Online aber bereits einen neuen Interessenten akquirieren können und wird ab Oktober wöchentlich wieder seine Sicht auf die Welt im Videoblog darlegen. Zu einer größeren Diskussion kam es aufgrund der Tatsache, dass Tarik Tesfu in „Deutsche Neger gibt es nicht“ das problematische N-Wort verwendet hatte. Einige der dunkelhäutigen Zuschauer im Filmforum kreideten ihm das nach der Filmprojektion an. Tesfu konterte, dass er diese Einwände und Sichtweisen zwar gut nachvollziehen könne, er das Wort aber dennoch sehr bewusst benutzt habe, „um ihm die Kraft zu nehmen. Ich als Schwarzer sollte das dürfen, denn ich benutze es, um rassistische Tendenzen sichtbar zu machen. Es wird ja nichts besser, wenn man die Existenz des Wortes negiert.“
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