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Auftakt in Deutz: Das unbeliebte TTIP ist am Boden, aber was ist mit CETA?
Foto: Felix Tschon

Konzernmacht durch die Hintertür

19. September 2016

40.000 tragen ihren Protest gegen TTIP und CETA auf die Straße – Spezial 09/16

Um kurz nach eins am Samstagmittag steigt eine vierstellige Anzahl weißer Luftballons aus einem bunten Fahnenmeer an der Deutzer Werft gen Himmel. Sie stehen stellvertretend für den offiziellen Beginn einer NRW-Volksinitiative des Vereins Mehr Demokratie. Die Ballons tragen Postkarten ins Land; durch eine Unterschrift können ihre Empfänger die Regierung Nordrhein-Westfalens auffordern, im Bundesrat gegen TTIP und CETA zu stimmen. „Schade, dass wir nur appellieren können“, sagt Initiator Jörg Eichenauer vor der Aktion. In Bayern könne das Volk aktiver an politischen Entscheidungen teilnehmen. „Das wünschen wir uns auch.“

Mehr Demokratie ist Teil des Trägerkreises der sieben Demonstrationen, die zeitgleich in deutschen Großstädten stattfinden. Organisationen wie Attac, BUND und Greenpeace gehören ebenfalls dazu, auch die NRW-Vertretungen der Grünen, Linken und Piraten zählen zu den Unterstützern. Neben Köln wehren sich Berlin, Frankfurt, Hamburg, Leipzig, München und Stuttgart gegen die geplanten Freihandelsabkommen. In der Domstadt haben sich bei etwas mehr als 20 Grad und Wolkendecke mit vereinzeltem Sonnenschein laut Polizei rund 40.000 Menschen versammelt. Thorsten Sterk, Pressesprecher von Mehr Demokratie, geht gar von etwa 55.000 Teilnehmern aus. Die Menge setzt sich aus Bürgerinnen und Bürgern aller Bevölkerungsgruppen zusammen – Jung und Alt, Frau und Mann, Filzlocke und Scheitel.

Es ist noch nicht ausgestanden

Die Auftaktkundgebung eröffnen Britta Munkler, stellvertretende Geschäftsführerin der Gewerkschaft ver.di im Bezirk Köln, und Alexander Trennheuser, Geschäftsführer des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen von Mehr Demokratie, etwa anderthalb Stunden vor dem Aufsteigen der Luftballons. Warum die Veranstaltung notwendig sei? „Damit die Politiker begreifen, was ihre Wählerinnen und Wähler wirklich wollen“, verkündet Munkler. Als Trennheuser im Anschluss die behördlichen Bestimmungen für die Nutzung von Transparenten, Schildern und ähnlichem verkündet, gibt es vereinzelt Pfiffe. Später werden es mehr: „STOP CETA & TTIP!“, fordert Greenpeace auf einem großen gelben Banner, das von der Deutzer Brücke herabhängt. Die Kölner Polizei sei damit über einen längeren Zeitraum nicht einverstanden, sagt Trennheuser.

Erster Redner auf der Bühne ist Matthias Flieder. „Politisch und faktisch ist TTIP am Ende“, äußert der Campaigner von den Machern des erwähnten Banners. „Was wir bei TTIP erreicht haben, das kann auch bei CETA klappen.“ Er thematisiert vor allem das mögliche Handelsabkommen mit Kanada, Imke Dierßen tut es ihm anschließend gleich. „CETA bringt uns TTIP durch die Hintertür“, erklärt die politische Geschäftsführerin von LobbyControl. Dierßens Worte werden von einem lautstarken Hupkonzert begleitet, das auf der immer voller werdenden Siegburger Straße stattfindet. Die studierte Politikwissenschaftlerin kommt unter Beifall schließlich zu dem Appell: „Stoppen Sie CETA! Stoppen Sie TTIP! Stoppen Sie den Ausverkauf unserer Demokratie!“

„Willy Brandt hätte nein gesagt“

Die Grünen verraten am Stand im hinteren Teil der Werft, dass der Termin des Protests nicht zufällig ausgewählt worden sei – zwei Tage vor dem SPD-Parteikonvent. „Wenn sich die SPD als sozialdemokratische Partei sieht, muss sie gegen die Freihandelsabkommen sein“, sagt Stefan Wolters. Er leitet den Kölner Arbeitskreis Konsum beim Bündnis 90. Deutlich machen möchte Wolters, dass die Demonstration nicht gegen die Europäische Union oder die USA gerichtet sei. „Wir sind dagegen, dass Großkonzerne unsere Gesetze mitbestimmen.“

Transparente im bunten Fahnenmeer zwischen weißen Luftballons appellieren an Landesregierung, Bundesregierung und Menschen. Peter Röhrig, Sprecher der Leverkusener Initiative gegen TTIP und CETA, richtet sich auf seinem Schild ebenfalls an die SPD. „Willy Brandt hätte nein gesagt“, steht dort geschrieben.

Felix Tschon

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