Es gibt verschiedene Arten, einen roten Teppich auszurollen. Der WDR verlegt zum wiederholten Male in einer aufwendigen Produktion mit der WDR Big Band und dem Festivalchor „Vocal Journey“ der Kölner Musikhochschule feinste Webware für den amerikanischen Sänger Kurt Elling, der in unseren Landen keinen Popstar-Status besitzt, weil er sich durch Qualität und Anspruch dagegen wirkungsvoll zur Wehr setzt. Seine Liebe zum Jazz behütet ihn davor, wirklich populär zu werden.
Trotzdem gilt er für viele Kenner des Jazzgesangs als einer der „besten Sänger der Welt“, mit Grammys und auch deutschen Preisen beschenkt, über die heute keiner mehr sprechen will – so relativiert sich die Superlativsucht der Industrie, die eigentlich immer nur prämieren, was sich am besten verkauft. Dabei könnte der sympathische Mann aus Chicago zu wuchtigen Big Band-Klängen und schluchzenden Geigen schnurren wie einst Frankie Boy selbst. Nicht umsonst nennen die Fans heute Kurt Elling „The voice“, sein sonorer Bariton erfüllt alle Ansprüche, die der Sänger technisch an ihn stellt – und das beschränkt sich längst nicht auf das Übliche.
Bei Big Band-Chef Bob Mintzer rennt der berühmte Amerikaner, der auch im Weißen Haus eine vergangene Zeit lang mit offenen Armen freundschaftlich empfangen wurde, mit einem Programmtitel wie „Resolution“ offene Türen ein. Der Titel findet sich auf einer Platte von John Coltrane, und der Literatur-affine Elling hat über die Improvisation des heiligsten Spielers des Tenorsaxophons einen Text gelegt. Die Nummer ist für einen Sänger unfassbar schwer, aber genau das ist der Stoff, den der Bariton liebt, und den Abonnenten fürchten sollten.
Seit nunmehr zehn Jahren begegnen sich Elling und das Kölner Jazzorchester.Die Begeisterung über Instrumentalisten vom Niveau eines Paul Heller am Tenorsaxophon oder des damaligen Publikumslieblings Frank Chastenier an den Tasten vermittelte der Big Band-erfahrene Solist Elling glaubhaft. Immer wieder ließ er sich auf musikalische Gespräche ein, verließ übliche Scatgesang-Wege und versuchte sich in originellen Geräuschen oder spitzen Schreien, um seine musikalischen Mitstreiter herauszufordern. Das könnte bei einer so anspruchsvollen Reise mit dem „Trane“ ein sehr großes Erlebnis versprechen – mit herrlich dissonanten Reibungen.
Kurt Elling: „Resolution“ | Sa 25.1. 20 Uhr | Kölner Philharmonie | 0221 28 02 80
So 26.1. 19 Uhr | Philharmonie Essen | 0201 812 22 00
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