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Michael Mertens
Foto: GdP/ Hagen Immel

„Verfolgung der Drogenkartelle“ – CONTRA Cannabis

24. November 2021

Michael Mertens von der Gewerkschaft der Polizei in NRW über die Verharmlosung von Cannabis – Gesellschaft 12/21

Unter einer Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP könnte eine Cannabis-Freigabe kommen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt davor, während der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) der Freigabe aufgeschlossen gegenübersteht.

choices: Herr Mertens, selbst in ZDF-Fernsehfilmen werden mittlerweile die Joints angezündet, als sei es das Alltäglichste der Welt. Verharmlosung einer gefährlichen Droge oder Spiegel der Zeit – was meinen Sie?

Michael Mertens: Im Fernsehen wird ganz viel gezeigt, was nicht harmlos ist. Was das Kiffen angeht, muss ich feststellen: Das ist ein Thema, das die Gesellschaft spaltet. Die einen sagen, eine Entkriminalisierung sei längst überfällig, Cannabis sei eine Droge, die nicht so gefährlich sei wie Alkohol. Andere – und dazu gehöre ich auch – warnen vor Cannabis und den erheblichen Gefahren für die körperliche und seelische Gesundheit.

An den Berliner Ampelgesprächen sind mit Grünen und FDP zwei Parteien beteiligt, die eine Legalisierung von Cannabis und den Verkauf in lizensierten Geschäften befürworten. Was spricht für Sie dagegen?

Dagegen sprechen vor allem die Erfahrungen aus den Niederlanden. Die Legalisierung dort hat nicht gehalten, was man sich von ihr versprochen hat. Konsum und organisierte Kriminalität wurden nicht entflochten. Wie auch? Das im Coffee-Shop legal verkaufte Gras wird von organisierten Kriminellen an die Hintertür geliefert. Das ist doch absurd. Mit einem Modell wie in den Niederlanden würden wir zudem der breiten Öffentlichkeit – neben dem Alkohol – den Zugang zu einer weiteren gesundheitsschädlichen Droge ermöglichen. Wenn Gesundheit bei uns wirklich einen hohen Stellenwert hat, macht das keinen Sinn.

Aber spricht nicht gerade der Gesundheitsaspekt für eine kontrollierte Abgabe? In lizensierten Abgabestellen könnten sich Konsumenten beraten lassen, hätten Einfluss auf den Wirkstoffgehalt und müssten sich nicht wegen gefährlicher Streckmittel sorgen.

Natürlich wäre es ein Vorteil, wenn die Verbraucher wüssten, was sie konsumieren. Das gebe ich gerne zu. Aber die Schaffung legaler Abgabestellen würde doch nicht dazu führen, dass der illegale Markt verschwindet. Außerdem: Was sendet man da eigentlich für eine Botschaft an die Bevölkerung, wenn man Cannabis legalisieren würde? Das Signal wäre doch, Cannabis ist nicht so schlimm, nicht so gefährlich. Aber wer sich mit Cannabis auseinandersetzt, der weiß, welche schrecklichen, vor allem psychische Folgen der Konsum haben kann.

Der deutsche Hanfverband schätzt, dass rund 200 bis 400 Tonnen Cannabis jährlich konsumiert werden. Das entspricht einem Geldvolumen von rund einer Milliarde Euro. Wäre es nicht besser, der Staat sackt das Geld ein, als verbrecherische Organisationen?

Die Sache aus der Richtung zu diskutieren, finde ich schwierig. Erstens müssten wir uns diese Frage dann bei allen Drogen stellen, also auch bei Heroin, Kokain usw. Zweitens scheint es mir widersprüchlich, sich bei der Frage der Liberalisierung von Rauschgiften von möglichen Geldeinnahmen leiten zu lassen. Wenn man doch weiß, dass Drogenkonsum unvernünftig und gesundheitsschädlich ist, denke ich nicht, dass es die Aufgabe des Staates ist, damit auch noch Geld zu verdienen.

Das sehen Ihre Kollegen vom BDK anders. Die befürworten nicht nur die Entkriminalisierung von Cannabis, sondern auch der anderen Substanzen, die Sie gerade genannt haben. Ist es im Kampf gegen Drogen nicht höchste Zeit für eine neue Perspektive?

Die Position der Kollegen kritisiere ich aufs Schärfste. Nehmen Sie ein anderes Beispiel: Wenn es viel Schwarzarbeit gibt, legalisieren wir deswegen Schwarzarbeit?

Bisher jedenfalls nicht.

Eben! Worüber wir diskutieren können, vielleicht sogar müssen, ist das Thema Eigenbedarf. Da braucht es eine bundesweit einheitliche Regelung – da blickt ja keiner mehr durch, was wo an Eigenbedarf gilt. Und wir müssen über die Strafbarkeit von geringen Mengen für den Eigenbedarf reden. Heute schreibt die Polizei eine Anzeige, wenn sie jemanden mit Cannabis erwischt, die Staatsanwaltschaften stellen die Verfahren aber oft direkt wieder ein. Das ist Arbeit für die Tonne, das braucht kein Mensch. Wenn man also entkriminalisieren will, dann sollte man den Drogenbesitz verboten halten, aus dem Besitz kleinster Mengen aber eine Ordnungswidrigkeit machen. Solche Verfahren sind effizienter, klarer geregelt und kommen schneller bei den Betroffenen an. Diese Verfahren zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen, würde Polizei und Staatsanwaltschaft entlasten und Ressourcen für wichtigere Aufgaben freimachen. Z.B. für die Verfolgung der Hintermänner der Drogenkartelle.


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Interview: Bernhard Krebs

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