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„Unterwerfung“
Foto: Meyer Originals

Intellektueller im Ikea-Land

28. September 2017

„Unterwerfung“ im Theater der Keller – Theater am Rhein 10/17

Narzissmus oder intellektueller Ausverkauf? Der Universitätsprofessor Francois steht vor einem knatschroten Bücherregalwand (Ausstattung: Thomas Garvie), die nur ein einziges Buch enthält, seine eigene Dissertation. Er hat die große Leere im Rücken und plaudert nonchalant mit dem Publikum: Über seine Arbeit als Professor, seine zweisemestrigen Liebesverhältnisse zu Studentinnen, Burka-Trägerinnen an der Uni und Präsidentschafts-Wahlen in Frankreich.

Marc Fischer tastet sich etwas mühsam in die Hauptfigur von Michel Houellebecqs Roman „Unterwerfung“. Der Text hat eher den Schauspieler im Griff als umgekehrt. Dieser Francois gibt sich die Attitüde des abgeklärten Intellektuellen, der sich an seinem Schmalspur-Machismus und seinem ausgezehrtem Wertesystem allerdings nicht einmal selbst erfreut. Ein freudloser Narziss. Er räumt die Regale im Lauf des Abends fortwährend um, stapelt sie mal wie Särge, verkantet sie zu Eismeer-Schollen, legt sich oben drauf – Sisyphus-Arbeit des Intellektuellen im Ikea-Land. Die Inszenierung von Heinz Simon Keller weiß nicht so recht, was sie mit der Figur anfangen soll. Wie so viele Interpretationen derzeit auf den deutschen Bühnen nimmt sie Francois zu ernst und doch nicht ernst genug. Das Theater erliegt dem vorhersehbar-provokativen Kitzel einer Figur, die zwischen der Beschreibung vom Sexszenen und der französischen Präsidentschaft eines Muslims seine Gleichgültigkeit zelebriert. Marc Fischer lässt zwar Sarkasmus anklingen, wenn über Weinsorten zum Wahlabend philosophiert, zeigt Begeisterung über zwei Frauen vom Escort-Service oder stürzt sich sogar in Emphase, wenn er die Begegnung mit einem Geheimdienstmitarbeiter schildert. Schließlich rollt Josef Tratnik als sonnenbebrillter, leicht mafiöser Universitätsdirektor Rediger im Rollstuhl herein und beschreibt seine Konversion von der identitären Bewegung zum Islam mit einem vorausschauenden Opportunismus.

Am Ende mangelt es der wohltemperierten Vollstreckung einer epischen Vorlage an einer klaren Haltung, dem inszenatorischen Surplus, das aus dem Stoff eben doch mehr als Literaturtheater macht.

„Unterwerfung“ | R: Heinz Simon Keller | 19., 22., 28., 31.10. 20 Uhr | Theater der Keller | 0221 31 80 59

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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