Dank der Kölner FDP gibt es endlich eine offene Diskussion über das Projekt der sogenannten „Historischen Mitte“: Historisch besehen gruppiert sich in jedem Dorf der Ortskern samt zentraler Einrichtungen wie der örtlichen Sparkasse, dem Rat- oder Ärztehaus und der örtlichen Bibliothek um die Ortskirche. Und so hielt es der ehemalige Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters für eine glänzende Idee mit dem baufälligen Kölner Stadtmuseum das „kölscheste“ aller Kölner Museen von der Zeughausstraße in die unmittelbare Domumgebung zu verlegen. Anlass waren die Planungen des Erzbistums Köln das alte Kurienhaus am Roncalliplatz durch einen Neubau zu ersetzen. Hier könnte man sich ja „dranhängen“ mit einem „Jahrhundertprojekt“.
Leider haben wir Kölner in den letzten Jahren zu viele dieser Jahrhundertprojekte als Rohrkrepierer ästhetisch oder finanziell scheitern sehen. Letztendlich handelte es sich um einen plumpen Versuch Roters, sich selber in der Stadthistorie zu verewigen, weil er als Marionette der SPD in seiner ganzen Amtszeit rein gar nichts für die Stadt hinterlassen hatte, außer einer wackeren, dauernden Präsenz auf Jubiläumsfeiern, Karnevalsveranstaltungen und bei Fußballspielen.
Der jüngst veröffentlichte Entwurf des neuen Gebäudes, welches Verwaltungseinheiten des angrenzenden Römisch-Germanischen Museums, das Kurienhaus und eben das neue Kölner Stadtmuseum beherbergen sollte, wirkt – gerade angesichts der jüngst eröffneten Hamburger Elbphilharmonie – wie ein schlechter Scherz: „Der nächste Museumskubus, von denen wir schon einige haben“, kritisierten jüngst die Kölner FDPler Ralph Sterck, Ulrich Wackerhagen und Lorenz Deutsch und stießen damit endlich eine längt überfällige Debatte um die Sinnhaftigkeit der Idee einer Verlegung des Kölner Stadtmuseums von seinem perfekten Standort im historischen Zeughaus, angrenzend an erhaltene Teile der Kölner Stadtmauer, an. Unberührt von dieser Ablehnung bleiben sollen die Neubauten des Kurienhauses und des Verwaltungsgebäudes des Römisch-Germanischen Museums am Roncalliplatz: „Der Siegerentwurf bietet keine überzeugende Architektur. Außerdem ist in einer Zeit, in der Köln noch viele ungelöste Kulturbaustellen hat, ein Neubau auch mit Blick auf die finanzielle Situation der Stadt die falsche Entscheidung“, begründete FDP-Ratsfraktionschef Sterck die FDP-Position. Die Vehemenz der Reaktionen von CDU und Grünen lassen darauf schließen, dass es genau der richtige Zeitpunkt war, eine kritische öffentliche Debatte über das Projekt anzustoßen, und es liegt der Verdacht nahe, dass hier wieder im kölschen Hinterzimmer-Klein-Klein etwas im Verborgenen vorbereitet und durchgedrückt werden sollte, bis es als unumkehrbar erscheint. Insofern gebührt den FDP-Aktivisten unser Dank, und es stellt sich wie schon so oft die Frage: Wie will Köln seine Theater-, Museums-, seine Kulturlandschaft als Ganzes gestalten – als internationale Metropole im Zentrum Europas oder als provinzielle, dörfliche Gemeinschaft, sich ängstlich um die Dorfkirche scharend?
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