Mit geringen finanziellen Mitteln müssen Tänzer in der freien Szene produzieren und dennoch bleibt der Enthusiasmus der Künstler auch über Jahre hinweg ungebrochen. So geht das Internationale SoloDuo Festival (19.-21.5.) im südlich von Köln gelegenen Areal des Barnes Crossing-Produktionszentrums in diesem Jahr schon in die neunte Auflage. Ein interessantes Festival nicht nur für das Publikum, weil es an jedem Abend fast ein Dutzend Produktionen von jeweils nur knapp zehn Minuten zu sehen gibt und dabei ein stilistisch breites Spektrum von Arbeiten auf dem Programm steht.
Als im letzten Jahr die Förderung durch die RheinEnergie Stiftung beendet war, stemmte man die Tanztage mit privaten Sponsorengeldern. Nun zeigt sich Ilona Pászthy – die neben Kristóf Szabó für die Organisation zuständig ist – „stolz darüber, dass die Unterstützung von der Kunstsalon-Stiftung kommt“. Den Gönnern des Kunstsalons gefiel die Tatsache, dass auf dem Festival der Nachwuchs unterstützt wird und man dennoch „eine internationale Ausstrahlung“ besitze, wie Ilona Pászthy betont. Bestes Beispiel ist Daniella Eriksson, die Gewinnerin des letztjährigen Nachwuchspreises. Die Auszeichnung beflügelte die Schwedin so, dass sie die Uraufführung ihres neuen Stückes im Mai in Köln präsentieren wird.
Unter 62 internationalen Bewerbungen erhielten 21 Produktionen den Zuschlag. Darunter auch das Duo Suhaee Abro und Cyril James aus Pakistan. Das Paar sollte schon im letzten Jahr nach Köln kommen, durfte dann aber nicht ausreisen. „Die beiden leisten so tolle Arbeit in einem Land, in dem es der Moderne Tanz ganz schwer hat“, erklärt Ilona Pászthy. Ihre Choreografie „Gesagt und getan“ erzählt von einer ersten Liebesbegegnung. In Pakistan ist es nicht nur ungewöhnlich Männer und Frauen gemeinsam auf einer Bühne zu sehen, noch bemerkenswerter ist die Tatsache, dass eine Frau einen Mann berührt. Gleichwohl erhielten die beiden während einer Aufführung in Karachi Standing Ovations vom Publikum.
Neben den deutschen Teilnehmern werden Gäste aus Finnland und Israel erwartet. Gespannt sein darf man auf die Vorstellung des südkoreanischen Duo Jin Young und Choi Tae Jeon Lie, das eine humorvolle und zugleich äußerst präzise entwickelte Choreografie mit Plastikelementen zeigt. Nur selten wird in der aktuellen Festivalauflage mit Requisiten gearbeitet. Es findet eher eine Rückbesinnung auf den Körper statt. So zeigen Janis Heldmann und Lin Verleger, die schon etliche Auszeichnungen für ihre Street-Dance-Produktionen erhielten, eine furiose Breakdance-Choreografie. Das Duo pflegt einen authentischen Tanzstil, bei dem alleine die Beziehung zwischen den beiden Körpern ausschlaggebend ist. Das Publikum scheint mitunter vollkommen ausgeblendet. Der Gegensatz zum Duo Comme Si aus Frankreich könnte nicht größer sein, das in seiner Arbeit theatrale Bilder entwirft, die raffiniert mit dem Blick des Publikums spielen. Die Gewinner der Wettbewerbe werden dann im Januar 2018 am 19. SoloDuo Tanzfestival in Budapest teilnehmen.
SoloDuo Festival | 19.-21.5. | Barnes Crossing, Köln-Sürth | www.barnescrossing.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Kleine Geschichten
„Jahrestage“ im Tanzmuseum
Verletzlich und stark zugleich
Circus Dance Festival in Köln – Tanz in NRW 06/22
Eine Sprache für das Begehren
14. SoloDuo Tanzfestival im Barnes Crossing – Tanz in NRW 05/22
Gesellschaftlicher Drahtseilakt
„tipping points“im Ringlokschuppen Ruhr – Tanz an der Ruhr 04/22
Tanzen ohne Grenzen
Tanzfilmfestival Moovy bringt die Leinwand zum grooven – Festival 04/22
In gläsernen Zellen
„absence#1.2 – AntiKörper“ im Barnes Crossing – Tanz in NRW 04/22
Sterbt, aber tanzt
„Dances of Death“ auf PACT Zollverein – Tanz an der Ruhr 03/22
Barnes Crossing lebt
Kölner Choreographinnen-Netzwerk – Tanz in NRW 03/22
Doch kein Don Quijote
Slava Gepner und die TanzFaktur im Jahr 2021 – Tanz in NRW 02/22
Morbider Mozart-Mythos
Choreographen-Duo interpretiert die Totenmesse – Tanz an der Ruhr 01/22
Die Realität des Körpers
Doris Uhlich zeigt Nacktheit als Selbstbestimmung – Tanz in NRW 01/22
Wie werden Frauen gelesen?
Riebesam experimentiert mit der Sprache des Tanzes – Tanz am Rhein 12/21
Das Universum rockt
Richard Siegal erkundet die Bewegungsmuster der Menschen – Tanz in NRW 12/21
Ballettwunder trifft Patriarchat
Tanz-Adaption einer umstrittenen Shakespeare-Komödie – Tanz am Rhein 11/21
Denken mit dem Knie
„A Universal Opinion” in der TanzFaktur – Tanz in NRW 11/21
Das Ringen mit dem Bild
Mira 10 zeigt weibliche Ikonen – Tanz am Rhein 10/21
Der Körper weiß mehr
Die Metabolisten zeigen, wie der Körper denkt – Tanz am Rhein 09/21
Jenseits der Vergänglichkeit
„Cascade“ von Meg Stuart auf PACT Zollverein – Tanz an der Ruhr 09/21
Der Zauber der Bewegung im Bild
Tanzarchiv zeigt Liaison zwischen Tanz und Fotografie – Tanz am Rhein 08/21
Dekolonisierung der Körper
Amanda Piñas „Danza y Frontera“ bei der Ruhrtriennale – Tanz an der Ruhr 08/21
Jesus in High Heels
Sommerakademie an der TanzFaktur Köln – Tanz in NRW 07/21