Whiskey Tango Foxtrot
USA 2016, Laufzeit: 112 Min., FSK 12
Regie: John Requa, Glenn Ficarra
Darsteller: Tina Fey, Margot Robbie, Martin Freeman
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Feel-Good-Kriegsdrama
What The Fuck
“Whiskey Tango Foxtrot” von John Requa und Glenn Ficarra
„The Taliban Shuffle“ heißt das autobiografische Buch, in dem Kim Barker von ihren Jahren in Afghanistan nach 9/11 erzählt. Dorthin hatte es die Reporterin aus New York in den Nuller Jahren relativ unverhofft verschlagen. „Whiskey Tango Foxtrot“ basiert auf Barkers Erlebnissen, die amerikanische Fernsehkomödiantin Tina Fey („Saturday Night Live“, „30 Rock“) verkörpert die schicksalsgeprüfte Journalistin. Der Film folgt der Berichterstatterin von New York nach Kabul im Jahr 2003. Unbedarft taucht Barker ein ins Chaos des kriegserschütterten Landes, ist so ungeschickt wie überfordert, marschiert mit dem knallorangenen Rucksack geschultert durchs Feindesland. Um sie herum: Internationale und vor allem us-amerikanische Journalisten, Militärs und Securitymänner, allesamt coole Typen, die so lange zynisch witzeln bis es mal wieder kracht. Als einheimischer Kontakt fungiert Barkers Dolmetscher, der sich standhaft bemüht, ihre Fluchereien zu filtern. Und dann ist da noch der einflussreiche Lokalpolitiker, der sich von der Amerikanerin erotische Zuwendungen erhofft für die eine oder andere Klüngelei. Abends dann interne Partys mit Alkohol, Koks, Rock’n’Roll und nackter Haut, der Kater am Tag danach etabliert sich als Running Gag. Über einen Zeitraum von drei Jahren folgt der Film seiner staunenden Heldin durchs wilde Wunderland. Jahre, in denen aus dem Naivchen mit Herz ein toughes Naivchen mit Herz erwächst.
„Humor ist, wenn man trotzdem lacht“, sagt der Pressetext. Die These: Wer im Kriegsgebiet lebt und arbeitet, versucht, seiner dauernden Angst mit Humor zu begegnen. Daraus könnte man eine Kriegssatire machen. Dieser Film aber verwechselt Satire mit Zynismus und Ironie mit Klischee. Vor allem aber vermittelt er die tragische Fallhöhe nicht, wenn sich Todesangst und Lachen die Hand reichen. Er ist zu seicht, von den Dialogen bis hin zur Hauptdarstellerin, die ihre glatte Comedian-Hülle nicht abschütteln kann. Ähnlich wie im vergleichbar entrückten „Rock the Kasbah“, in dem man dem melancholischen Clown Bill Murray den Haudegen Bruce Willis zur Seite stellte, ist es hier Billy Bob Thornton als schnittiger Colonel, der der Großstadtnudel Tina Fey zeigt, wo es lang geht. Man will vom Krieg erzählen, erzählt stattdessen starbesetzt davon, wie der American Way of Life auch die abgründigsten Winkel der Erde mit Coolness und Leichtigkeit, mit US-Army-Propaganda und einem Happy End verstrahlt. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, allerdings beruft sich dieser Streifen lautstark auf wahre Begebenheiten.
„Whiskey Tang Foxtrot“ ist kein Kriegsdrama über die heilsame Kraft eines verzweifelt auferlegten Feel Good, sondern ein Feel-Good-Kriegsdrama. Es gibt eine Szene, in welcher der Dolmetscher Kim Barker vermittelt, dass seine Zukunft abhängt von ihrem Verhalten vor Ort. Dass er von Frieden und einer Familie träumt, während sie munter Regeln ignoriert und dabei nicht nur sich selbst in Gefahr bringt. Eine Szene, in der der Film mal glaubwürdig die Realität streift – und sich damit selbst entlarvt.
(Hartmut Ernst)
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