Plan A – Was würdest du tun?
Deutschland, Israel 2020, Laufzeit: 110 Min., FSK 12
Regie: Doron Paz, Yoav Paz
Darsteller: August Diehl, Sylvia Hoeks, Nikolai Kinski
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Aufwühlendes historisches Vergeltungsdrama
Meine Rache
„Plan A – Was würdest du tun?“ von Doran und Yoav Paz
Erst in den letzten Jahren kam das historische Fundament für dieses Dramas ans Licht: Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs will eine Gruppe ukrainischer jüdischer Partisanen, die sogenannte Nakam (hebräisch: Rache), unter Führung des erst 27-jährigen Dichters und Widerstandskämpfers Abba Kovner (1918 – 1987) Vergeltung üben für den Holocaust. Allerdings richtet die Nakam ihre Rache nicht bloß gegen ranghohe Nazis, sondern gegen das gesamte deutsche Volk, das sie in Kollektivschuld sieht. Auge um Auge: Für sechs Millionen ermordete Juden sollen sechs Millionen Deutsche sterben. Die Nakam will ihr Ziel erreichen, indem sie das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiftet.
August Diehl verkörpert den Juden Max, der als einziger Überlebender seiner Familie dem Konzentrationslager entkommt. Orientierungslos irrt er, getrieben von Wut, Schmerz, Schuldgefühl und Rachlust durchs Nachkriegsdeutschland. Erst schließt er sich der jüdischen Brigade der britischen Armee an, die verdeckt Nazis jagt und hinrichtet. Dann begegnet er jenen Partisanen, die als Nakam ganz anderes im Sinn haben. Max begleitet die Gruppe nach Nürnberg und will sie tatkräftig unterstützen. Er hat seine Bestimmung gefunden: „Ich will meine Rache. Ich verdiene es.“
Die Mitglieder von Nakam schwiegen sich jahrzehntelang aus über ihr Bestehen, unter anderem, weil man ihre Beweggründe rückblickend weder bewerten noch nachvollziehen kann. Entsprechend verwunderlich erscheint es, dass der Zuschauer bereits im Filmtitel eben dorthin gestoßen wird: auf das „Was würdest du tun?“ Max wird uns die Frage noch zweimal im Film stellen. Meine Familie wird grundlos ermordet – kein Spielfilm wird dabei helfen, eine Antwort darauf zu finden, was man nach derlei Grauen tun würde. Die Relevanz der Vergangenheit, die Relevanz dessen, wovon dieser Film erzählt ist das, was Menschen getan haben und tun wollten. Davon erzählt dieses Drama, und wer ihm folgt, wird automatisch darüber reflektieren, ohne durch eine unbeantwortbare Frage hartnäckig dazu angeleitet werden zu müssen.
Abgesehen von dieser Irritation liefern die Regiebrüder Doran und Yoav Paz ein relevantes, starkes Stück Kino und bannen die Geschichte der Nakam und den Gedanken jüdischer Rache auf die Leinwand. An anderer Stelle stellt der Film dabei ganz andere, relevante Fragen und findet manche Antwort. Das ist dann vor allem zum Ende hin von großer Kraft: Nachzuvollziehen, wie selbstzerstörerischer Rachedurst umgelenkt werden kann in etwas Konstruktives, das für den Seelenfrieden der Gepeinigten ungleich heilsamer ist – und dabei, fernab vom Vergeltungsdrang, gar über das geschehene Grauen triumphieren lässt, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen.
Das, freilich, kann wohl nur gelingen, wenn man am erleideten Grauen nicht längst zerbrochen ist. August Diehl spielt eben diesen Zustand gepaart mit Rachedurst, Erschöpfung und Zerrissenheit beängstigend facettenreich und trägt diesen Film, der, bei kleinen narrativen Aussetzern, mitreißt, nachhallt und eine wichtige, ambivalente wahre Geschichte erzählt.
(Hartmut Ernst)
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