
Lieber Thomas
Deutschland 2021, Laufzeit: 157 Min., FSK 16
Regie: Andreas Kleinert
Darsteller: Albrecht Schuch, Jella Haase, Peter Kremer
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Detailreiches Schriftstellerporträt
Feind der DDR
„Lieber Thomas” von Andreas Kleinert
Es ist nicht besonders einfach, mitreißende Biopics über Schriftsteller zu drehen. Der Grund dafür liegt auf der Hand, denn nichts könnte langweiliger sein als das Bebildern des kreativen Schreibprozesses im stillen Kämmerlein, der sicherlich die meisten Schriftstellerleben ausmacht. Damit ein Film über das Leben eines Menschen der Worte gelingt, muss auch das Leben dieses Menschen spannend genug sein. Thomas Brasch (1945-2001) hat sicherlich alles andere als ein langweiliges Leben geführt. Als Sohn eines SED-Parteifunktionärs, der aufgrund seiner jüdischen Abstammung während des Zweiten Weltkriegs ins britische Exil ging, war dem jungen Thomas die Obrigkeitshörigkeit schon schnell verhasst. Er entschied sich gegen den Willen seines Vaters für eine Karriere als Schriftsteller. Erste dramaturgische Gehversuche an der Hochschule für Film und Fernsehen scheiterten an seiner individuellen Sicht der Dinge und seiner Aufmüpfigkeit gegenüber dem Lehrpersonal. Als er während des Prager Frühlings die Liberalisierungsbestrebungen Dubčeks mit Flugblättern unterstützt, bringt ihm das eine dreijährige Gefängnisstrafe ein. Nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns stellt er mit seiner damaligen Lebensgefährtin Katharina Thalbach ebenfalls einen Ausreiseantrag, der erstaunlicherweise sogar genehmigt wird. Mit seinem ersten Prosaband hat er auch im Westen Erfolg, selbst in die USA wird er eingeladen.
Andreas Kleinert („Klemperer – Ein Leben in Deutschland“) hat Thomas Braschs ereignisreiches Leben in starken Schwarz-Weiß-Bildern nachgezeichnet, in die er einige Archivaufnahmen nahtlos einfügen konnte. Der fulminante Albrecht Schuch („Systemsprenger“) ist in fast allen Szenen des Films präsent und strahlt dabei auch stets eine große Körperlichkeit aus. Sein Thomas Brasch ist ein ruheloser Geist, ein Mann voller Widersprüche, die hier das Gerüst für die in sieben Kapitel untergliederte Geschichte liefern. Die Filmemacher weisen zwar darauf hin, dass die weiteren Figuren und privaten Geschehnisse in „Lieber Thomas“ fiktional sind, aber man kann natürlich dennoch zahlreiche tatsächliche Personen und Geschehnisse darin ausmachen. So ist die von Jella Haase recht zurückgenommen gespielte Schauspielerin Katarina vom Berliner Ensemble natürlich niemand anderes als Katharina Thalbach, die mit Brasch zur Zeit seiner Übersiedlung in den Westen liiert war. Jörg Schüttauf, der Braschs Vater darstellt, macht sich einen Spaß daraus, nach dem Film „Vorwärts immer!“ auch hier noch einmal in einem kleinen Kurzauftritt in die Rolle des Staatsratsvorsitzenden Honecker zu schlüpfen. Nicht nur mit Textpassagen aus dem Off und in Zitateinblendungen im Bild gelingt es Andreas Kleinert hier, die sprachliche Wucht Thomas Braschs zu packen. Er zeigt uns den Schriftsteller, der von einem Stasi-Spitzel als „Feind der DDR“ bezeichnet wurde, auch in ganz alltäglichen Unterhaltungen, als gewitzten Aphoristiker, wodurch Kleinert den Charakter und Intellekt Braschs geschickt abzubilden versteht.
(Frank Brenner)

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