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Das private Kamin(ofen)-Feuerchen wird jetzt aus Gründen des Emissionsschutzes in Zweifel gezogen.
Foto: Tom Jost

Feuer frei auf den kuscheligen Kaminofen

25. September 2014

Heizen mit Holz gilt als umweltfreundlich. Doch neuerdings gerät ausgerechnet der Wärmespender im Wohnzimmer unter Beschuss – Innovation 10/14

Pünktlich zum Herbst sind sie wieder da: die Prospektverheißungen, „bei lieben Freunden oder im Kreis der Familie am knisternden Kaminofenfeuer zu sitzen“. Über Teetasse oder Buchseiten dem Flammenspiel auf Buchenscheiten zuzuschauen. Mit reinem Öko-Gewissen, denn Holzfeuerung ist CO2-neutral – es wird nur jene Menge Klimagas freigesetzt, die der Baum zuvor aus der Atmosphäre aufnahm. In die kuschelige Vorfreude platzt allerdings „Spiegel online“ mit der apokalyptischen Warnung, private Kaminöfen seien „gefährliche Dreckschleudern“. Die Emissionen aller Kleinfeuerungsanlagen lägen teilweise höher als die Schadstoffe aus dem Straßenverkehr, zitiert das Portal eine Datenauswertung des Umweltbundesamtes. Was nun – Ofen an, Ofen aus?

Wuppertal geht mit dieser Fragestellung entspannt um und leistet sich, aktiv für das Heizen mit nachwachsendem Brennstoff zu werben. „Wir haben das Potenzial an Holzbrennstoffen ermittelt, unterstützen die Produktion und den Vertrieb“, sagt beispielsweise Stadtsprecherin Kathrin Petersen. Zusammen mit Schornsteinfegern und Feuerwehr betreibe man Öffentlichkeitsarbeit zum „emissionsarmen Heizen und Anzünden“. Und trotzdem: In der NRW-Rangliste der Feinstaub-Belastung liegt die Stadt mit bisher vier „Überschreitungstagen“ ziemlich weit hinten. In Köln (Clevischer Ring) und Essen (Gladbecker Straße) herrscht mit jeweils 21 Grenzwert-Verletzungen bis Anfang September schon viel „dickere Luft“ – von Gelsenkirchen (32 kritische Tage) gar nicht zu reden. Doch verfeuern nicht verarmte Schalker Möbel in den Kaminen, sondern steht dort der Straßenverkehr als Hauptfaktor fest.


Sein Reihenhaus wärmt Michael Kovacic mit Holzhackschnitzeln – bisher ohne große Probleme. Foto: Tom Jost

Bezirksschornsteinfeger Manfred Wysotzki schätzt die Beeinträchtigung der Großstadtluft durch Kaminfeuerchen eher gering ein. „Das macht doch nicht der kleine Ofen, der zweimal in der Woche für ein paar Abendstunden an ist“, sagt der Emissionsexperte mit Blick auf 720 Stunden eines Normal-Monats. Den Gesetzgeber hat es freilich nicht abgehalten, allmählich die Daumenschrauben anzuziehen. Bis zum Jahresende müssen jene Öfen als erste nachgerüstet oder stillgelegt werden, deren Typprüfung vor 1975 erfolgte – die mithin 40 Jahre „auf dem Rost“ haben. Wer seinen Holzbrenner nach 1995 anschaffte, hat in den allermeisten Fällen noch bis Ende 2024 Zeit. „Wichtiger ist, nur gut getrocknetes Holz zu verwenden“, mahnt Wysotzki. Woher kriegt man das? „Über den Fachhandel natürlich. Aber auch dort haben wir schon Lieferungen mit einer Restfeuchte von 40 Prozent entdeckt.“ Die Hälfte davon gilt als zulässig.

Pellets, Hackschnitzel oder Scheitholz: Der nachwachsende Rohstoff hat zuletzt enorme Konjunktur erfahren. Es liegt nicht nur an Öl- und Gaspreisen, die seit zehn Jahren nur eine Richtung kennen. Als offenes Geheimnis gilt, dass inzwischen auch in Kohlekraftwerken Holz mitverbrannt wird. „Co-Firering“ nennt sich der Trick, die CO2-Bilanz der Stromerzeuger ein gutes Stück zu verbessern. Wenn nicht gleich ganz auf den Bio-Brennstoff umgestellt wird, wie etwa im belgischen Kraftwerksblock Rodenhuize. Der schluckt nach Angaben von Fachleuten 125 Tonnen Holzpellets … pro Stunde. Dafür nutzen diese Großanlagen so genannte „braune Pellets“, bei deren Herstellung Rindenanteile mitverwendet werden und die man deshalb für die Wohnhaus-Erwärmung nicht einsetzen darf.

Lohnt sich eine Umrüstung für den Eigenheimer? Im Prinzip ja, sagen Fachleute wie die Betreiber des Web-Portals „Kaminholz-wissen.de“. Neben der Verwendung des Klima-neutralen Brennstoffs (der manchmal sogar mit KfW-Mitteln förderbar ist) sind die Anlagen recht benutzerfreundlich geworden. Pellets-Heizungen sorgen über Transport-Spindeln dafür, dass das „Nachlegen“ weitgehend automatisch erfolgt, der Ofen mithin für den Dauerbetrieb taugt. Allerdings benötigt man einen Vorratsraum, um die meist zweimal jährlich anzuliefernden Presslinge zu lagern – kein Problem, wenn so Ölheizung und der nötige Tank ersetzt werden. Inzwischen drängen Kaminöfen auf den Markt, die nebenbei auch noch Warmwasser erzeugen – „wassergeführt“ nennt man sie deshalb. Freilich sind Kauf und Einbau nicht ganz billig.

Noch eine Ausnahme ist dagegen Michael Kovacic, der vor fünf Jahren via eBay einen gebrauchten Holzhackschnitzel-Brenner erstand und in den Keller des Reihenhauses einbaute. Jährlich 35 Kubikmeter Kleinholz, die der Bochumer umsonst von einem befreundeten Landwirt bezieht, werden umweltfreundlich in Raumwärme und Heißwasser umgewandelt. „Probleme gibt‘s höchstens mal, wenn sich ein größeres Stück auf der Transportschnecke verkeilt“, berichtet der Bastler. „Dann kriege ich eine Störungsmeldung per SMS.“ Das aktuelle „Palaver“ um angeblich gesundheitskritisches Heizen mit Holz stört Kovacic heftig. „Die Heizung erfüllt auch ohne Filter schon die neuen Grenzwerte. Da wird über so einen Mist diskutiert, anstatt mal an die wirklich großen Verschmutzer dranzugehen.“

Was „Spiegel online“ dito übersah: Wenn im Sommer die Kaminöfen Pause machen, gibt es dafür Millionen anderer Kleinfeuerstätten, die mit Rauch das Umfeld beeinträchtigen, in denen Kohle und Fett verbrannt und wertvolle Wirtschaftsgüter wiederum zu Kohle umgewandelt werden. Dieses Massenphänomen nennt man: grillen.

TOM JOST

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