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Sabine Rollberg (WDR), Karen Shapiro, Marcie Begleiter und Michael P. Aust

Eine quer stehende Künstlerin

18. April 2016

„Eva Hesse“ im Filmforum – Foyer 04/16

Sonntag, 17. April: Ganz bewusst gewählt hatte Verleihchef Joachim Kühn von der Kölner „Real Fiction“ den Tag der Europa-Premiere ihres neuen Films „Eva Hesse“. Am 17. April beschloss die hiesige Erstaufführung die Art Cologne, was angesichts des künstlerischen Inhalts des Films nahe lag. Zum anderen fungierte die Veranstaltung als Preview für das Internationale Frauenfilmfestival, das nun in dieser Woche an gleicher Stelle im Filmforum Köln seinen Fokus auf weibliche Filmemacherinnen und ihre Werke richtet. Hinzu komme, so Kühn, dass das Museum Ludwig, in dem das Filmforum beheimatet ist, eines der wichtigsten Werke der Künstlerin Eva Hesse (1936-1970) besitzt. Dass Köln als Austragungsort für die Europa-Premiere der Dokumentation über Leben und Werk der bedeutenden, deutsch-amerikanischen Malerin und Bildhauerin gewählt wurde, hängt indes nicht nur mit dem Standort des Verleihs zusammen. Als deutscher Koproduzent fungierte Michael P. Aust mit seiner Kölner Firma Televisor Troika, und auch die US-amerikanische Regisseurin Marcie Begleiter hat eine enge Bindung zur Domstadt, da sie an der Internationalen Filmschule Köln (ifs) bereits Lehrtätigkeiten wahrnahm und diese Stadt „nach all den Jahren als zweites Zuhause betrachte“, so die Regisseurin bei der Premiere.

Marcie Begleiter und Karen Shapiro beim Publikumsgespräch

Die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit ist trotz alledem recht ungewöhnlich, insbesondere im Feld des Dokumentarfilms. Gleichwohl legte es das Sujet des Films, die in Hamburg geborene und in den USA aufgewachsene Eva Hesse, nahe. Ihre prägendste Zeit verbrachte Hesse in den frühen 60er Jahren in Essen-Kettwig, wo sie zu ihrer wahren Berufung fand, als sie zusammen mit ihrem damaligen Ehemann Tom Doyle vom dort ansässigen Industriellen Friedrich Arnhard Scheidt gefördert wurde. Dessen Sohn Johann diente Marcie Begleiter genau wie der Experimentalfilmer Werner Nekes als Interviewpartner für ihr Biopic, und beide waren als Gäste ebenfalls zur Europapremiere des Films in Köln anwesend. Nachdem Begleiter eine Fördersumme vom Goethe-Institut akquirieren konnte, machte sie über den Koproduktions-Markt die Bekanntschaft mit Michael P. Aust, der sofort Feuer und Flamme für das Projekt war. „Als Kölner Kunststudent musste man sämtliche Künstler kennen, von denen Werke im Kölner Kunstkatalog vorhanden waren. Eva Hesse stand quer zu allen anderen, weswegen ich sie und ihr Werk nur allzu gut in Erinnerung hatte“, so Aust. Hinzu kam, dass es sich bei Hesse um einen schönen Menschen gehandelt habe, was wichtig für eine Dokumentation sei, weil man ihrem Werdegang deswegen umso lieber zuschaue, ergänzte der deutsche Koproduzent. Allerdings habe es ihn gewundert, dass noch niemand zuvor auf die Idee gekommen war, einen Film über sie zu realisieren.

Die amerikanischen Gäste mit einigen ihrer deutschen Crewmitglieder

Marcie Begleiter hatte Hesses Werk für sich entdeckt, bevor sie auch nur das Geringste über ihre Person wusste. Schon die zweidimensionale Reproduktion ihrer Arbeiten in Büchern habe eine enorme Faszination auf die Regisseurin ausgeübt. Als sie dann in einem kleinen Museum in Ohio auf die noch nicht veröffentlichten Tagebücher und Briefe Eva Hesses mit ihren verblüffenden sprachlichen Qualitäten stieß, war für Begleiter klar, dass sie etwas über Hesse machen müsse. Nach der Konzeption eines Theaterstücks, das im Jahr 2010 uraufgeführt wurde, kam durch ihre jahrelange Freundschaft mit Produzentin Karen Shapiro schnell die Idee zustande, sich der Person als nächstes über das Medium des Dokumentarfilms zu nähern. Dass man dabei schließlich auf einen klassischen Erzählkommentar verzichtete und sich stattdessen auf die Originalzitate Eva Hesses stützte, war den beiden Frauen schon sehr schnell klar. „Es gab ja genügend wunderbare Texte, die wir dazu benutzen konnten, dass Eva Hesse uns ihren Lebensweg nun in ihren eigenen Worten erzählt“, erläuterte Marcie Begleiter. Ab dem 28. April wird „Eva Hesse“ bundesweit in den Kinos zu sehen sein, einen Tag, nachdem der Dokumentarfilm in New York seinen Kinostart erleben wird.

Text/Fotos: Frank Brenner

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