Gerade sitze ich bei 30 Grad und heruntergelassenen Rollos im Arbeitszimmer und soll einen Text über Kino im Oktober schreiben. Herabfallende Blätter, buntes Laub, herbstliche Stimmung, perfekte Kinoabende. Im Juli trug ich wochenlang einen Winterpulli und das örtliche Freibad überlegte, ob es schließen sollte. Will sagen: Auf das Wetter kann man sich heutzutage nicht mehr verlassen. Auf das Kino schon, denn da gibt es immer etwas zu lachen, weinen oder lernen.
Der Oktober offeriert wieder ein pralles Kinoprogramm, bei dem alle Genres bedient werden, der Schwerpunkt liegt jedoch auf Dokumentationen sowie Kunst, Kultur und historischen Themen. Gerade erst konnten wir einen Blick in das späte Leben des Künstlers Salvador Dalí werfen. Im Oktober zeigt das Kino weitere Biopics, aber auch Dokumentationen über Menschen, die die Kulturlandschaft geprägt haben und immer noch prägen. Da startet zum Beispiel Wim Wenders Dokumentation „Anselm – Das Rauschen der Zeit“, in dem Wenders Einblicke in die Arbeitsweise des Künstlers Anselm Kiefer gewährt.
Wenders zeigt dessen kreative Prozesse und lässt den Künstler, der für seine großformatigen, düsteren Bilder bekannt ist, selbst seine Sujets und Inspirationsquellen erläutern. Zu diesen zählen u.a. Gedichte von Paul Celan und Ingeborg Bachmann. Die wilde Beziehung dieser deutschen Dichterin zu Max Frisch greift wiederum Margarethe von Trotta in ihrem Biopic „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ auf. Darin lässt sie Vicky Krieps und Ronald Zehrfeld sehr überzeugend die bewegte Geschichte der beiden Künstler:innennachspielen. Ein Künstlerleben zeigt auch das in Italien mehrfach ausgezeichnete Biopic „Der Schatten von Caravaggio“. Regisseur Michele Placido inszeniert opulent und bildgewaltig die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Begründers der italienischen Barockmalerei Michelangelo Merisi da Caravaggio. Mit seiner naturalistischen Bildgestaltung und der Verknüpfung des Sakralen mit dem Profanen hatte der Maler viele Bewunderer, gleichzeitig zog er aber den Zorn der Kirche auf sich und wurde aus Rom verbannt.
Stephen Frears bedient sich in seinem jüngsten Film „The Lost King“ gleich zwei historischen Stoffen, indem er Sally Hawkins auf die Suche nach den Gebeinen von Richard III. schickt. Diese wahre Geschichte – 2012 entdeckte die Amateurhistorikerin Philippa Langley tatsächlich die sterblichen Überreste des englischen Königs – erzählt Frears mit Leichtigkeit und britischem Humor. Viel düsterer ist da Martin Scorseses „Killers of the Flower Moon“, ein Drama, das auf dem gleichnamigen Sachbuch (Platz 1 auf der New York Times-Bestsellerliste) des Journalisten David Grann basiert. Darin wird der brutale Umgang der USA mit den Indigenen der Osage Nation thematisiert, nachdem auf deren Reservatgebiet in Oklahoma Öl gefunden wurde.
Was neben diesem kulturellen und historischen Bildungsprogramm sonst noch im Kino läuft, erfahren Sie auf den folgenden Seiten. Wofür Sie sich auch immer entscheiden: Ich wünsche Ihnen viel Spaß im Kino!
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