Hausaufgaben gemacht? Das ist die Frage an die Stadt Köln gut zwei Jahre nach der Erstellung des Kulturentwicklungsplans. Lange hat man um diese Direktive für die Kultur in der Domstadt gerungen. Manche Sparrunde ist in der Vergangenheit über der Stadt niedergegangen, meint Kulturdezernent Georg Quander, so dass Köln seit den 80er Jahren viel von seinem Glanz verloren habe. Quander setzt die Situation noch deutlicher ins Bild, wenn er sagt, dass die Kultur danach wie ein „Käse mit vielen Löchern“ aussah.
Die Grünen hatten mit ihren Kulturpolitischen Sprechern in Stadt und Landtag Brigitta von Bülow und Oliver Keymis – der mit viel Witz moderierte – zu ihren „Kulturgesprächen“ ins Stapelhaus geladen, um den Entwicklungsplan zu diskutieren. Wo stehen wir in Köln und was fehlt uns noch, das waren die Gretchenfragen. Georg Quander konnte Aufschluss geben, etwa darüber, dass die Kulturausgaben im Haushalt über die Jahre von 6,7% auf 3% gefallen sind. Oder dass Köln „über viele Jahre seine Infrastruktur nicht in Ordnung gehalten hat“, wie der Dezernent sagt, und deshalb nicht alleine die Kultur, sondern auch die Kindergärten, Schulen und Brücken in schlechtem Zustand sind.
Einig war man sich, dass der Entwicklungsplan solide konzipiert wurde und er eine gute Verständigungsgrundlage bietet, mit der sich Stadt und interessierte Öffentlichkeit dauerhaft in einen Dialog über die kulturellen Ziele begeben können. Freilich verstummen nicht die Stimmen, die behaupten, dass der Plan in den Fraktionen der Parteien kaum eine Rolle spielen würde, wenn es um die harten Themen wie Wirtschaft oder Verkehr geht. Kultur bleibt Nebensache, das demonstrierte etwa der Versuch, Köln als „Marke“ mit einem Marketingkonzept national zu bewerben. Ein Projekt, bei dem der Aspekt Kultur schlichtweg vergessen worden war.
„Man muss sich Zukunft vorstellen können, und sie nicht einfach als Fortsetzung der Gegenwart verstehen“, erklärte Reinhart Richter, den die Grünen als Kulturberater in die Gesprächsrunde geladen hatten. Jörg Fürst, Regisseur des in Köln ansässigen a.tonal.theaters, gab zu bedenken, dass sich der Plan stellenweise wie der Versuch einer Baustellenreparatur ausnehme. Während große Summen für Erhalt und Restaurierung von Bauten veranschlagt werden, wird kaum in Menschen, ihre Ideen und ihre Kreativität investiert. Und während ein Kammermusiksaal auf 30 Millionen Euro geschätzt wird, kommt niemand auf den Gedanken, dass ein solches Projekt auch mit Theater und Tanz vernetzt werden könnte. Einig war man sich in zwei Punkten: Es gibt noch viel zu tun und man kann sich glücklich schätzen, dass es dafür einen Plan gibt.
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