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Comic-Cameo

31. März 2011

ComicKultur 04/11

Mit „Im Schatten junger Mädchenblüte“ wird Stéphane Heuets Adaption von Marcel ProustsAuf der Suche nach der verlorenen Zeit“ fortgesetzt. Nach den Kindheitserinnerungen in „Combray“ macht der nun adoleszente Protagonist erste Erfahrungen mit der Oberschicht und deren so faszinierenden wie hohlen Spielregeln. Zugleich entdeckt er sein Interesse für das andere Geschlecht. Heuets akribischer Ligne Claire-Stil ist nicht nur sehr schön anzusehen, der Zeichner schafft es auch vortrefflich, die entrückte und sentimentale Stimmung des Protagonisten einzufangen, Erinnerungsfetzen und Assoziationen subtil anzudeuten. Ein Genuss, der alleine durch seine starke Verkürzung vielen Lesern eine Ahnung von der umfangreichen Vorlage vermittelt (Knesebeck). Langsam aber stetig wächst die Will Eisner-Bibliothek von Carlsen. Der zweite von drei Bänden widmet sich unter dem Titel „New York“ den

Großstadtgeschichten des bedeutenden Comic-Künstlers. Nach dem ersten Band „Ein Vertrag mit Gott“, der religiöse und im Speziellen jüdische Themen versammelte, werden nun die Geschichten „Big City Blues“, „The Building“, „City People Notebook“ und Unsichtbare Menschen“ des Pioniers der Graphic Novel zusammengefasst. Alle Geschichten zeichnen sich durch episodenhaftes Erzählen aus, so dass das Kriterium einer Graphic Novel nicht unbedingt erfüllt wird. Neben solchen formellen Aspekten sticht vor allem Eisners genauer Blick auf die urbane Soziologie und natürlich sein dynamischer Strich hervor. Einen ganz eigenen Blick auf die Historie liefert Nick Abadzis. Anhand des ersten Lebewesens im All – der Hündin „Laika“ – gibt Abadzis einen tiefen Einblick in die Sowjetunion des Kalten Krieges. Raffiniert reflektiert der Autor die unterschiedlichsten Machtgefüge innerhalb des Staates (Atrium).

Die „Noir“-Reihe von Schreiber & Leser schreitet zügig voran. „Die Straße nach Selma“ ist eine Wiederveröffentlichung der 1995 bei Carlsen erschienenen Geschichte „Zufällige Nähe“ von Tome und Philippe Berthet. Die Story vereint klassischen Noir-Stoff mit einer Rassismus-Thematik à la „In der Hitze der Nacht“, der Zeichenstil ist realistisch. Das Format ist zwar kleiner, aber der Band ist schöner aufgemacht als die deutsche Erstveröffentlichung. Im Anhang findet sich außerdem ein aktuelles Interview mit den beiden Künstlern. „Swinging London“ von Thomas Bénet und Christian De Metter ist visuell spektakulärer. Metter hat bereits „Shutter Island“ von Dennis Lehane adaptiert. Nun widmet er sich einer Story, die in okkultistischen Kreisen der Londoner Musikszene der 1960er Jahre angesiedelt ist und zahlreichen Berühmtheiten wie Lennon, Jagger, Hendrix oder Burroughs einen Cameo-Auftritt verschafft.

Wie mag wohl die letzte Nacht von Country-Ikone Hank Williams ausgesehen haben? „Hank Williams – Lost Highway“ erzählt in kantigen Zeichnungen vom absehbaren Ende des schwierigen Musikers, der in der Sylvesternacht 1952 volltrunken im Fond eines Cadillac hängt, während seinem Fahrer die Geister von Williams' Wegbegleitern erscheinen. Eine surreale Annäherung an eine Musiker-Legende (Edition Moderne). Nicolas Mahler widmet sich in seinem neuen Band „Was fehlt uns denn – Cartoons für Ärzte und Patienten“ den klassischen Doktor-Witzen und blickt in die Abgründe der Heillandschaft. Zwar findet man hier schön schwarzhumorige Cartoons, aber oft läuft die Pointe zwischen Wortwitz und Ekel etwas ins Leere (Edition Moderne).

Christian Meyer

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