Mit „Chapeau,HerrRimbaud“ begeben sich der Zeichner Christian Straboni und der Autor Laurence Maurel auf eine abenteuerliche Reise nach Afrika. 1886 trifft in Somalia der flüchtige Jean Roch Folelli auf den Dichter Arthur Rimbaud. Folelli, ehemaliger Kämpfer während der Pariser Kommune von 1971, Deserteur und Mörder, nimmt an einer
Karawane mit einer Waffenlieferung des Geschäftsmanns Arthur Rimbaud teil. Der Dichter Rimbaud ist heute bekannt als Wegbereiter für Surrealismus und Expressionismus, zu der Zeit hatte er aber schon lange mit seiner jugendlichen Dichterkarriere abgeschlossen und verdingte sich in Afrika mit Handel aller Art. Sujet und Zeichenstil erinnern an Hugo Pratt, den großen Künstler des Abenteuercomics, während Folellis langsames Abgleiten in den Wahn den Höhepunkt einer allgemeinen Stimmung von Entfremdung bildet. Ein düster halluziniertes Abenteuer (Matthes & Seitz). „Der Mann, der seinen Bart wachsen ließ“ ist eine Sammlung abstruser, surrealer Geschichten, deren Fantastik ebenso fasziniert wie die zeichnerische Stilpalette. Der in Berlin lebende Belgier Olivier Schrouwen lässt mit seinem zweiten Album jede Beschränkung hinter sich. Mit seinem Zitat historischer Stile und Comic-historischer Referenzen erinnert er an die Konzeptwerke von Chris Ware und steht denen außer im Umfang in kaum etwas nach. Schrouwen entführt in fremde, aber faszinierende Welten, und jedes einzelne Panel erscheint wie ein Gemälde (Reprodukt).
MatthieuBonhomme, bislang besonders bekannt durch die Reihen „Marquis von Anaon“ und „Esteban“, hat sich für „Omni-Visiblis“ mit LewisTrondheimzusammengetan. Oder umgekehrt: Lewis Trondheim hat sich für seine kühne Story den Genre-Zeichner geholt: Eines Tages sieht alle Welt, was Hervé sieht, und jeder riecht und hört, was er riecht und hört. Wie ein omnipotenter Sender läuft er herum und spürt schnell die Nachteile dieser Entprivatisierung seiner Sinneseindrücke. Die Satire auf den Verlust der Privatsphäre ist aberwitzig und überzeugt mit innerer Logik und dem daraus resultierenden Humor (Salleck Publications). Nicolas Mahler ist ein Meister des minimalistischen Dramas. „Lone-Racer“ ist da vergleichsweise schon fast Hollywood: Der titelgebende Rennfahrer steht am Ende seiner Karriere. Die Konkurrenz spottet, die Frau liegt im Spital, und ewig lockt die Eckkneipe. Dann schlägt ein Kumpel einen Bankraub vor. Lakonisch wie immer, mit schlichtem Strich, nähert sich Mahler unprätentiös dem Elend des Daseins (Reprodukt).
Der Enten-Bogart „Canardo“ geht in die zwanzigste Runde, aber hoffentlich nicht in die letzte, wie der Titel „Entspiel“ suggeriert. Canardo muss einem in Bedrängnis geratenen Kollegen helfen und gerät dabei in ein Dickicht aus Korruption. Sokal, der Canardo seit knapp 25 Jahren durch morbide Abenteuer schickt, hat wieder einen soliden Noir-Krimi auf Tierbasis abgeliefert. Am Ende könnte dieses Mal sogar ein amouröses Happy End stehen … (Schreiber & Leser). Realistischer geht es in „Der Killer“ zu. Die Serie von Jacamon und Matz war eigentlich auf fünf Bände angelegt, wurde wegen des Erfolgs aber weitergeführt. Das merkt man der Entwicklung an. Im zweiten Zyklus, dessen zeichnerischer Realismus immer mehr beeindruckt, wird der Killer zunehmend moralisch, politische Zusammenhänge werden erörtert. Im neunten Band „Auf eigene Rechnung“ kündigt sich bereits eine neue Wendung an. Auch wenn psychologisch nicht immer glaubwürdig, ist „Der Killer“ immer noch eine beeindruckende Serie (Ehapa).
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