Derzeit lohnt es sich mehr denn je, nach Gelegenheiten zu suchen, um aus den eigenen vier Wänden auszubrechen. Wenn das eigene Reisen nicht mehr möglich ist, können dabei gute Bücher, gerade auch Reiseberichte helfen. Das trifft vor allem dann zu, wenn sie so geschrieben sind wie „Meine Reise ins Übermorgenland“ (Malik). Nadine Pungs, die vor zwei Jahren bereits über eine Reise durch den Iran berichtet hat, nimmt ihre Leser in ihrem zweiten Buch wieder auf die Arabische Halbinsel mit. Ihre Tour führt sie nun von Jordanien bis in den Oman, an die Grenze zum Jemen. Das Reisen in diesem Teil der Welt ist kein leichtes Unterfangen und bisweilen auch gefährlich. Nadine Pungs, die auch dieses Mal wieder allein unterwegs ist, lässt sich aber nicht aufhalten. Ihre Neugierde, Land und Leute auf der Arabischen Halbinsel kennenzulernen, ist so groß, dass selbst ein schmerzhafter Bänderanriss kein Hindernis darstellen kann.
Geleitet von der Absicht, mit ihrer Reise hinter die Kulissen der Arabischen Halbinsel zu schauen, stürzt sich die Autorin bei jeder Station ihrer Reise stets aufs Neue ins Abenteuer und sammelt fernab von jedem orientalischen Klischee und Kitsch eigene Eindrücke. Sie zeigt Land und Leute auf der Arabischen Halbinsel nicht nur mit all den Widersprüchen. Nadine Pungs versteht es auch, die unterschiedlichen Beobachtungen, die sie auf ihrer Reise macht, klug einzuordnen. Ohne Scheu legt die Autorin dabei gelegentlich den Finger in Wunden und wird politisch. So spricht sie über die Rolle der Frauen genauso wie über die Situation der Gastarbeiter in Katar und auch die Kriege in Syrien sowie im Jemen lässt sie nicht aus.
Einzig der Nahost-Konflikt scheint ihr als Thema zu heiß. Es ist schade, dass Nadine Pungs sich offenbar ganz bewusst dazu entschieden hat, mit ihrer Reise erst in Jordanien und nicht schon in Israel zu beginnen. Hatte sie sich mit ihrem Reisebericht das Ziel gesetzt, auch ein Mosaik der Arabischen Halbinsel zu schaffen, fehlt somit ein wichtiger Stein. Es wäre spannend gewesen zu sehen, wie Nadine Pungs auch auf dieses Land schaut und wie sie ihre Beobachtungen festhält. Aber vielleicht ist das ja Stoff für ein weiteres Buch.
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