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Autorin Marlen Pelny
Foto: Mike Auerbach

Liebe ist nicht gleich Liebe

10. Februar 2022

Marlen Pelnys Romandebüt „Liebe/Liebe“– Wortwahl 02/22

Es wurden unzählige Bücher über die Liebe geschrieben: Zahlreiche Schriftsteller hat sie dazu bewegt, ihre Gedanken zu Papier zu bringen. Und doch findet sich selten eine so facettenreiche Darstellung von Liebe in all ihren Herrlichkeiten und Abscheulichkeiten wie in Marlen Pelnys „Liebe/Liebe“ (Haymon Verlag).

Der Leser lernt Sascha als junge Teenagerin kennen, in einer trostlosen Hochhauswohnung, in der ihre abweisende und schweigsame Mutter immerzu aus dem Fenster starrt. Die einzige Nähe, die Sascha hier erfährt, ist der Missbrauch durch den Vater. Zu diesem Zeitpunkt wird die Protagonistin noch als Namenlose vorgestellt, die schlichtweg versucht, in ihrer Umgebung zu überleben. Erst nachdem ihre Eltern sie wortlos und mit einem Koffer voll Habseligkeiten bei ihrem Großvater absetzen, gibt Sascha sich ihren neuen Namen.

Der Umzug zum anfangs gefürchteten Großvater ist ein Neustart, „wie ein warmes Bad, in dem ich eine dreckige Kruste von meiner Haut schrubbte“, beschreibt sie die neue Wohnsituation. Sie bekommt ein Zimmer, dessen Tür nicht immer einen Spalt geöffnet sein muss, darf Wünsche äußern, der Großvater unternimmt Ausflüge mit ihr und es etablieren sich herzerwärmende Rituale – so baut der Großvater an ihrem Geburtstag einen Schneemann und drapiert die Geschenke davor. Für Großvater und Ekeltochter beginnt ein zweites Leben. Zwar holt ihr erstes Sascha auch im schützenden Haus des Großvaters ein, etwa durch Pakete des Vaters, aber all die Liebe, die sie hier erfährt, hat sie gestärkt und geformt. Und sie ist nicht mehr allein: Da ist der Schutz des liebenden Großvaters, ihr Hund Rosa und Charlie, die selbst Narben aus einem zerrüttenden Familienverhältnis trägt und in die sich Sascha auf den ersten Blick verliebt: „Die beiden teilten sich mein Herz, das Großvater in den Händen hielt“.

Pelnys Worte sind ein Sog, der den Leser tief in das Geschehen hineinzieht, und nach jedem traurigen Moment folgen wieder Hoffnungsschimmer. Besonders schön ist der Einsatz von Wärme und Kälte als Motive der Liebe oder ihrer Abwesenheit. Man fühlt die eisige Präsenz der Eltern und taucht mit Sascha in die wohlig warme Badewanne im Haus des Großvaters. Und gab es früher immer nur kalten Malzkaffee am Morgen, trinkt man mit der Protagonistin nun heiße Tassen Tee.

Marlen Pelny: Liebe/Liebe | Haymon Verlag | 216 S. | 19,90 €

Katja Egler

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