Es gibt in der jüngeren Kunstgeschichte wahrscheinlich nur einen Fotografen der „Neue Sachlichkeit“ mit einem Gänseblümchen (Bellis perennis) verbinden konnte und das war Karl Blossfeldt (1865-1932). Immer wenn Sie denken, so mathematisch sieht doch keine Pflanze aus, dann war und ist es der Wahl-Berliner, der ihren Blick bis heute auf diverse Stengel- und Blütenformen konzentriert. Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur stellt in der Ausstellung „Poesie der Pflanze“ nun den Arbeiten Blossfeldts etwa 40 Heliogravüren des gerade noch 83-jährigen amerikanischen Künstlers Jim Dine gegenüber.
Die sind nicht nur weitaus größer als die Fotografien Blossfeldts, sondern eigentlich auch völlig anders. Dine benutzte für seine Vegetationsfotos Aquatinta-Platten, Blossfeldt orthochromatische. Allerdings kann man formal Ähnlichkeiten beschreiben, die sich am Umgang mit dem abgelichteten Objekt manifestieren. Dine hat sich schon in den späten 1960ern bei seinen Vegetables mit botanischen Formen beschäftigt, seine in Köln ausgestellte Reihe Entrada Drive – zum ersten Mal in Europa gezeigt – stammt zum großen Teil aus Gärten in L.A. und einzeln aus Europa, diese Bilder erweitern die sachliche Abbildung um eine weitere Dimension, die der Umgebung. So entsteht aus der Zwiesprache über Jahrzehnte hinweg zwischen den beiden künstlerischen Fotografie-Systemen eine eigenwillige Melange aus Objekthaftigkeit, grauen Zwischentönen und zeitgenössischen Blickwinkeln damals und heute, die mit umfangreichem Vitrinen-Material unterfüttert wird.
Dazu werden mit „Géographies des limites humaines“ fotografische Arbeiten von Roselyne Titaud (*1977) zu sehen sein, deren Motivwelt auch Naturbetrachtungen enthält, die in Wäldern und Flusslandschaften in Deutschland und Frankreich entstanden sind.
Poesie der Pflanze – Photographien von Karl Blossfeldt und Jim Dine | 22.2. - 21.7. | Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur | 0221 88 89 50
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