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Arnold Thünker
Foto: : © Hans Günter Contzen

Verlangen nach Freundschaft

22. Oktober 2012

Der neue Roman von Arnold Thünker - Literatur 10/12

Groß und schön ist die Stadt, in der die Kakerlaken allgegenwärtig sind. Hier landet Jakob Mitte der achtziger Jahre, nachdem er sorglos wie ein Traumwandler von Kalifornien bis an die Ostküste getrampt ist. Nun will er zurück nach Europa, ein Ticket wird ihm bei einem schmierigen Agenten in Aussicht gestellt, das er ohne Quittung bezahlt und wohl nie erhalten wird. So strandet er bei Faunus, einem noblen, gebildeten Niederländer, der an seiner schicksalhaften Kriegsvergangenheit im Fernen Ost zu tragen hat.

„Verlangen nach Freundschaft“ nennt Arnold Thünker seinen dritten Roman, nachdem er mit „Keiner wird bezahlen“ und „Anna und Paul“ kraftvolle Prosa vorlegte, die tief in der Deutschen Provinz verankert war. Der Titel des neuen Buchs formuliert ein beiderseitiges Begehren, das jedoch auf unterschiedliche Absichten zielt. Bei Faunus handelt es sich auch um ein körperliches Verlangen nach dem jungen Mann aus Deutschland, der durch den gesamten Roman seine sympathisch naive Neugierde behält. Jakob sucht hingegen die schützende Nonchalance des holländischen Weltenbummlers, der in den Kolonien aufgewachsen ist und als Kind in ein japanisches Gefangenenlager geriet. Der Roman erzählt davon, aber er kreist vor allem in der Szene der Emigranten aus Europa, die in New York ihre eigene Infrastruktur besitzt.

Auch wenn die Geschichte beständig auf der Schneide zwischen Freundschaft und Männerliebe balanciert, so ist sie doch nicht auf ein dramatisches Finale hin komponiert. Es sind die vielen kleinen Episoden und speziell die Porträts der Menschen, die mehr und mehr gefangen nehmen. Wobei jede Persönlichkeit dezent von einem Gegenstand charakterisiert wird, der prägend für sie ist. Das können die Bücher in den Auktionshäusern sein, die Jakob bald begeistert katalogisiert oder ein Bild von Roy Lichtenstein, eine Kleiderpuppe, eine Brille. Man mag den Roman gar nicht mehr aus der Hand legen, so leicht ist sein Ton und doch so voller Weltlust, auch wenn die Schatten unübersehbar sind, die sich auf das Leben des fabelhaften Faunus legen. Das Leben sorgt denn auch für einen Rollenwechsel, so dass irgendwann der kleine Deutsche, der einstmals eine Bleibe im Straßendschungel New Yorks suchte, plötzlich Sorge trägt für das Wohlergehen des philosophierenden Aristokraten.

Arnold Thünker: Verlangen nach Freundschaft. Kiepenheuer & Witsch. 210 S., 18.99 €

Am 22. Oktober liest Arnold Thünker aus seinem Roman in Köln in der Buchhandlung Bittner, 20 Uhr, Albertusstr. 6.

Thomas Linden

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