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Plädoyer für Menschlichkeit

24. Januar 2013

ComicKultur 02/13

Vor einem Jahr starb mit Jean Giraud ein wegweisender Comic-Künstler. Als Gir stand er für den Western „Leutnant Blueberry“, als Moebius hingegen erschuf er surreale Science Fiction-Welten in psychedelischen Bildern. Der Cross-Cult Verlag fährt nun mit seiner großen Moebius Collection fort: Nach „Die hermetische Garage“ und „Arzak“ erscheinen nun zugleich fünf Hardcover-Sammelbände, die kurze und längere Geschichten aus den 70er Jahren versammeln, darunter Geschichten um „Major Gruber“, „The long Tomorrow“, die für „Blade Runner“ Pate stand und so exemplarisch für Moebius' Mix aus Science Fiction und Noir-Krimi ist. Eine großartige Sammlung, die viel wenig Bekanntes ausgräbt. Der Ehapa Verlag veröffentlicht mit „Arzak – Der Raumvermesser“ Moebius' letztes, überformatiges Werk von 2009 (Ehapa). Damit fährt er noch mal alle Zutaten seines Universums auf: surreale Geschichten, psychedelische Farbgebung und grotesker Humor.

Jeff Lemire hat schon mit seiner melancholischen „Essex-Trilogie“ begeistert. Jetzt erscheinen zwei weitere Arbeiten, die diese Gefühlswelt ins Genre überführen: „The Nobody“ ist eine Variante von H.G. Wells' „Invisible Man“. Der Vermummte wirkt in dem kleinen Kaff, in dem er auftaucht, wie ein Katalysator für Affekte. Am Ende ist nichts mehr, wie es war. „Sweet Tooth“ ist eine postapokalyptische Fantasie, in der ein Junge mit Geweih zu einer Gruppe gejagter Kinder gehört. Die krakeligen Zeichnungen sind hier massenkompatibel koloriert, was sie ein wenig der melancholischen Stimmung beraubt, der existentiell furchterregenden Geschichte aber nicht viel anhaben kann. Der zweite Teil „Gefangen“ ist gerade erschienen (beide Panini). Der zweite Band von Bryan Talbots Steampunk-Fantasie „Grandville“ um Inspektor LeBrock ist ebenso düster und brutal wie der erste. In einem von Frankreich besetzten England treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Das Ermittlerteam – ein Dachs und eine Maus – erinnert an Sherlock Holmes und Watson. Story, Zeichnungen und Aufmachung des Bandes sind opulent. Alleine der Stil der Kolorierung sieht nach Massenware aus (Schreiber & Leser).

Doppeltes Glück mit dem Roten Affen“ versammelt zwei Stories des Südafrikaners Joe Daly. Dave und Paul erleben in Kapstadt allerhand Abenteuer – zwischen Kiffen, Krötenschleim und Strahlenkanonen. Eine der beiden Geschichten ist leider auch unschön mit Photoshop-Farbverläufen koloriert, die andere greift die flächigen Zeichnungen hingegen farblich gut auf (avant-verlag). „Der Tag im Moor“ von Oliver Grajewski ist ein dicker Brocken, der unterschiedlichste Bild- und Erzähltechniken miteinander kombiniert. Autobiografisch inspiriert, erzählt die Geschichte von einem Besuch bei den Eltern, der von Erinnerungen durchzogen ist und bei Recherchen zu einem alten Artikel in eine magische Gegenwart führt. Ein faszinierendes Werk, das viele (popkulturelle) Fußnoten setzt (Breitkopf Editionen). Der zweite Teil von Igorts Berichten aus der ehemaligen Sowjetunion setzt sich mit der 2006 ermordeten russischen Journalistin Anna Politkowskaja auseinander. „Berichte aus Russland“ ist harter Stoff, werden doch die Gräueltaten während des Tschetschenienkriegs, die Folter der Militärs und die Einschüchterungsversuche innerhalb der Pseudodemokratie schonungslos gezeigt. Zugleich ist Igorts Buch ganz im Sinne seiner Protagonistin ein Plädoyer für die Menschlichkeit – und ein Denkmal für die Opfer der Unterdrückung (Reprodukt).

CHRISTIAN MEYER

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