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Margaret Atwood
Foto: Jean Malek

Momente mit zwei großen Autorinnen

16. Dezember 2020

Margaret Atwood und Susan Sontag neu entdecken – Wortwahl 12/20

Spätestens seit der Serienadaption des Bestseller „Der Report der Magd“ (engl. „The Handmaid's Tale“) ist Margaret Atwood auch einem nicht-literaturinteressierten Publikum ein Begriff. Dabei gelten ihre Werke schon seit längerem als wichtige, feministische Literatur: Ein wiederkehrendes Thema ist die Stellung der Frau in der Gesellschaft. So auch in ihrem bekannten Werk von 1985. Sie zeichnet eine düstere Dystopie, in der die Frauen dem Patriarchat vollkommen unterworfen sind und nur noch als Dienerinnen und Sexsklavinnen agieren. Weniger bekannt, sind jedoch Atwoods lyrische Arbeiten. Vielleicht weil ihre Gedichte bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt worden waren. Also bis jetzt: Die Anthologie „Die Füchsin“, erschienen im Berlin-Verlag, sammelt auf 400 Seiten einen Rundumschlag über 30 Jahre lyrischen Schaffens der kanadischen Autorin. Das Schöne an der Anthologie ist dabei, dass Übersetzung und Originalgedicht nebeneinander abgedruckt sind. So kommt man in den Genuss in die Kunst der Übersetzung einzutauchen. Denn Lyrik wird nicht einfach übersetzt, sie wird in der anderen Sprache gewissermaßen neu erfunden.

Aber zurück zu Atwood selbst: Der Buchrücken verspricht, dass man durch ihre Gedichte mehr über sie als Mensch erfahren kann, zeigt sie sich in ihren Romanen doch vor allem von ihrer besser bekannten feministischen und umweltaktivistischen Seite. Die Gedichte zeigen dagegen eher persönliche Momentaufnahmen. Und doch finden sich immer wieder Parallelen: Auch in ihrer Lyrik geht es um Überleben und Selbstbehauptung. Liebe ist ein Kampf, die Natur birgt neben Schönheit auch Gefahr, Selbstverlust und Scheitern sind dem lyrischen Ich sehr bewusste Szenarien. Man erfährt somit nicht eine ganz neue Autorin mit dieser Anthologie, aber eine andere Art des Schreibens, die unweigerlich einen anderen Stil mit sich bringt.

Auch der Aufbau Verlag bringt uns mit einer Neuerscheinung eine große Autorin als Person näher: In „Sempre Susan“ erinnert Sigrid Nunez an ihre Begegnungen mit der gesellschaftskritischen Schriftstellerin Susan Sontag. Nunez arbeitet für Sontag, hilft bei ihrer Korrespondenz und lernt sie ganz nah an ihrem Küchentisch kennen. Aber ihre Beziehung bleibt nicht auf die Arbeit reduziert. Nunez verliebt sich in Sontags Sohn und zieht bei beiden ein. Nunez liefert ein intimes Portrait, das die große Autorin auch ungeschönt in ihren negativen Charakterzügen zeigt – aber immer voll Sympathie und Respekt. Das Werk zieht schon in den ersten Seiten in den Bann und führt eher willkürlich durch verschiedene Erinnerungen und Momente des Zusammenarbeitens und -wohnens beider Frauen.

Katja Egler

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