Die Story ist eher eine Kurzgeschichte: Jan flüchtet vor Liebeskummer in eine Wanderung durch das Hinterland Australiens. In der Einsamkeit trifft er auf die Französin Morgane, und sein Selbstfindungstrip gerät aus der Bahn. Jan Bauers Debüt „Der salzige Fluss“ will trotz der 200 Seiten kein Epos, sondern eine Momentaufnahme sein: Bauer erzählt sehr detailliert von den Erlebnissen auf der Wanderung und sehr persönlich von seinem unsortierten Gefühlsleben. Wie er Ersteres genau und humorvoll beobachtet und wie er Letzteres in metaphorische Bilder verpackt, zeigt seine erzählerischen Qualitäten (Avant Verlag). Die Biografie „Feynman – Ein Leben auf dem Qauntensprung“ spürt dem Leben und Arbeiten des Physikers Richard Feynman nach. Der Nobelpreisträger und führende Forscher im Bereich der Quantenphysik war berühmt für seine unterhaltsamen Vorlesungen und seine Fähigkeit, auch Laien die Themen der Physik näher zu bringen. Jim Ottaviani und Leland Myrick haben nicht nur sein Leben nachgezeichnet, sondern nebenher auch die physikalischen Themen in die Handlung eingebunden. Zeichnungen und Erzählung sind unterhaltsam gelungen, in Bezug auf die Vermittlung physikalischer Themen können sie ihrem Protagonisten aber nicht das Wasser reichen (Ehapa).
Auf ganze zehn Bände à 54 Seiten ist die Serie „Unter dem Hakenkreuz“ von Jean-Michel Beuriot und Philippe Richelle angelegt. Die um eine zarte Liebe herum elliptisch erzählte Geschichte vom Alltag in Deutschland nach der Machtergreifung der Nazis, von Kollaboration und Widerstand im besetzten Frankreich und vom Krieg an der Ostfront ist ein ambitioniertes Projekt, das von Unterdrückung, Verrat, Krieg und Heldentum handelt. Der sechste Band „Wehrmacht“ erzählt von dem deutschen Soldaten Martin an der Ostfront und seinem ersten aktiven Widerstand gegen die Gräuel, die er sieht. Die aufwändigen, recht realistischen Farbzeichnungen lassen den Leser in die Ereignisse eintauchen (Schreiber & Leser). Jeff Lemires Reihe „Sweet Tooth“ steht kurz vor dem Finale. Ähnlich wie in der Erfolgs-Serie „The Walking Dead“ geht es hier um eine postapokalyptische Reise durch eine verwüstete, amoralische Zivilisation. Doch Lamires Geschichte entfaltet daneben auch einen mythischen Überbau, der mit dem fünften Band „Unnatürliche Lebensräume“ als Vorgeschichte zu den Mensch-Tier-Hybriden und der grassierenden Krankheit, die die Menschheit dahinrafft, erzählt wird. Ein bedrohliches Werk, das die Frage nach dem Menschsein stellt (Panini).
Matt Groening kennt man vor allem durch die Serien Simpsons und Futurama. Vor seiner Arbeit für das Fernsehen hat Groening in den späten 70ern die Serie „Life in Hell“ erfunden, die bis heute in mehreren hundert Zeitungen abgedruckt wird. In den 80er Jahren erschienen vier thematische Sammelbände, die nun nach der längst vergriffenen Übersetzung aus den frühen 90er Jahren neu aufgelegt werden. Den Anfang macht „Liebe ist die Hölle“. Die wortreichen Strips analysieren und katalogisieren das Paarverhalten akribisch, lesefaule Comicfans werden an ihre Grenze stoßen (Reprodukt). Vor ungefähr zehn Jahren hat „Didi & Stulle“-Erfinder Fil für die Zeitung Jungle World den Strip „Mädchenworld“ erfunden. Leider hielt die Zusammenarbeit nicht allzu lange. Doch nun erscheint die damals nicht beendete Reihe endlich als Buch und zudem mit einem ordentlichen Ende: Gemma fliegt vom Ponyhof und flüchtet sich in eine fabelhafte Fantasiewelt und erlebt aberwitzige Abenteuer. Nicht nur für Fil-Fans ein Muss (Zitty).
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