„Wehrkraftzersetzung“ lautet der Vorwurf gegen Franz Jägerstätter (August Diehl): Der Bauer, der mit seiner Familie (Valerie Pachner als Ehrfrau Fani) in den oberösterreichischen Bergen ein einfaches, aber glückliches Leben führt, weigert sich in den 1940ern nach seiner Einberufung zum Wehrdienst, den Eid auf Hitler zu leisten, und gerät in die Mühlen der NS-Justiz. Sein Glaube verbietet ihm etwas zu tun, was er als moralisch falsch erkannt hat. Doch ist es sinnvoll, daran festzuhalten, wenn er damit ein Todesurteil riskiert und auch die Existenz seiner Familie gefährdet? In der für Terrence Malick seit „Tree of Life“ ganz eigenen Erzählweise entfaltet „Ein verborgenes Leben“ (OFF Broadway) die wahre Geschichte des NS-Widerständlers als bildgewaltig-bewegende Elegie eines Gewissenskonflikts und der Herausforderung an den Glauben in gottverlassenen Zeiten.
Katherine Hepburn, Liz Taylor und Winona Ryder waren alle schon Teil diverser Adaptionen von Louisa May Alcotts Roman „Little Women“ (Cinedom, Cinenova, Cineplex, Odeon, Residenz, UCI, Weisshaus). Dass Greta Gerwig („Lady Bird“) dem noch was hinzuzufügen hat, zeigen sechs Oscar-Nominierungen. Mit frischem weiblichem Selbstverständnis entstaubt sie Jo (nominiert: Saoirse Ronan), Meg (Emma Watson), Amy (Florence Pugh, auch nominiert) und Beth March (Eliza Scanlen), die sich um 1850 mit Fantasie und Talent gegen ein Leben in Armut wehren. Mit komplexen Zeitsprüngen, schlichter Farbdramaturgie (bunt gleich Jugend, nüchtern gleich Gegenwart) und edlem Cast (Timothée Chalamet, Meryl Streep) wird erlebbar, wie die Schwestern auf dem Weg zum Frausein Verlust kennenlernen, aber auch Siege erringen. In Gerwigs Hand wirken Alcotts 150 Jahre alte Mädchenträume modern wie nie.
Als Gutmensch mit Helfersyndrom engagiert sich Isabelle (sehenswert wie immer: Agnès Jaoui) ausufernd gemeinnützig. Als eine ungleich entspanntere Kollegin im Sozialzentrum mit neuen Ansätzen auffährt und Isabelles Zöglinge abwandern, fährt die überengagierte Gutmenschin neue Geschütze auf. Ab sofort gilt: Eigennutz statt Gemeinnutz! Mit „Die Kunst der Nächstenliebe“ (Turistarama) gelingt Gilles Legrand eine wahnwitzig freche, satirische Komödie über die wahre Natur des Helfens. Clever spiegelt der Film dabei zeitgenössische Denkens- und Diskussionsweisen.
Außerdem neu in den Kinos: Ken Loachs erschütternde Paketboten-Geschichte „Sorry We Missed You“ (Odeon, OmU im OFF Broadway), Mischa Kamps Drama „Romys Salon“ (Cinenova), Rosa von Praunheims authentischer Serienmörder-Thriller „Darkroom - Tödliche Tropfen“ (Filmpalette), Justin Decs App-Alptraum „Countdown“ (Cinedom, Cineplex, UCI) und Michael David Pates einfach einen Teil überspringendes Gag-Sequel „Kartoffelsalat 3 - Das Musical“ (Cinedom, Cineplex, UCI). Dazu starten Stephen Gaghans Neuauflage „Die fantastische Reise des Dr. Dolittle“ (Autokino Porz, Cinedom, Cineplex, Rex am Ring, UCI, OV im Metropolis) und Ute von Münchow-Pohls Wichtelspaß „Die Heinzels - Rückkehr der Heinzelmännchen“ (Cinedom, Cinenova, Cineplex, Lichtspieke Kalk, Metropolis, Rex am Ring, UCI, Weisshaus).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Glück gehabt?
Die Filmstarts der Woche
Vielfalt in den Feldern
Belohnungen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft – Europa-Vorbild: Österreich
Tastenlegende auf Tournee
Herbie Hancock in der Philharmonie Essen – Improvisierte Musik in NRW 07/25
Alternative Realität in Tokyo
„Tokyo Sympathy Tower“ von Rie Qudan – Literatur 07/25
Improvisationen der Liebe
„Romeo und Julia. Ich fühl‘s nicht“ am Theater im Bauturm – Auftritt 07/25
Keine Frage der Technik
Teil 1: Leitartikel – Eingriffe ins Klimasystem werden die Erderwärmung nicht aufhalten
„Vielleicht wird die Kindheit outgesourct“
Regisseurin Viola Neumann über „Das Experiment“ am Freien Werkstatt Theater – Premiere 07/25
Sommergefühle
Leichte Kino-Kost im Juli – Vorspann 07/25
Chaos
NRW kürzt bei freien Tanzgruppen – Tanz in NRW 07/25
Unter blauäugigen Hunden
„Traudl Junge – Im Schatten des Bösen“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 06/25
Rebellion gegen Repression
Der 13. Asientag in Köln – Spezial 06/25
Auf der Straße
Drei Vertreter der Street Photography im Museum Ludwig – kunst & gut 06/25
Für stille Momente
Das Even Flow Festival am Tanzbrunnen – Festival 06/25
Lebendige Musikgeschichte
Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller in Köln – Klassik am Rhein 06/25
Die Hinrichtung der Wahrheit
„Prima Facie“ am Theater im Bauturm – Auftritt 06/25
Der Engel der Geschichte
„Die letzten Tage der Menschheit“ an der Oper Köln – Oper in NRW 06/25
„Erdig, nahbar, ehrlich“
Das Performance-Duo Katze und Krieg über „Alles wirklich“ im öffentlichen Raum – Premiere 06/25
Bis zur Neige
„Der Durst“ von Thomas Dahl – Literatur 06/25
Flucht ins Metaverse
„Glühfarbe“ von Thea Mantwill – Literatur 06/25
Dem Himmel nah
Raimund Abraham auf der Raketenstation Hombroich – Kunst in NRW 06/25
Im Reich der unsichtbaren Freunde
„Solche Freunde“ von Dieter Böge – Vorlesung 06/25
Raum für Migrationsgeschichte
Die Pläne für das Aussehen des Kölner Museums Selma – Spezial 06/25
Ein Hund als Erzähler
„Zorro – Anas allerbester Freund“ von Els Pelgrom und Sanne te Loo – Vorlesung 06/25
Geschosse umarmen
Drei Ausstellungen in Köln erweitern das Bewusstsein – Galerie 06/25
Gesundheit ist Patientensache
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Patientenbeteiligung NRW in Köln