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Gleicht einer Gemäldesammlung: „Das große Los“
Foto: Joris Mertens / Splitter

Ausstellung in Buchformat

31. Oktober 2023

Wenn jedes einzelne Panel im Comic einem Kunstwerk gleicht – ComicKultur 11/23

Die Rolle von Anke Feuchtenberger für die Entwicklung des deutschsprachigen Comics seit den 1990er Jahren ist kaum zu überschätzen. 1963 wurde sie in Ost-Berlin geboren, wo sie in den 1980er Jahren auch Kunst studierte. Seit 1997 ist sie Professorin für Illustration an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg. Zahlreiche Comic-Künstler:innen waren ihre Schüler:innen, und das, obwohl sie selber ein eher ambivalentes Verhältnis zum Comic hat. Nach den vielen Veröffentlichungen der vergangenen Jahrzehnte merkt man das auch ihrem autobiografisch inspirierten Opus Magnum „Genossin Kuckuck“ an. In den letzten 15 Jahren auf über 400 Seiten entstanden, erzählt es eine (ihre?) Kindheit und Jugend im Osten, zwischen Dorfleben, Teenagerfreundschaften, Heimaufenthalten und vielen finsteren Gestalten in düsteren, oft märchenhaft und mitunter mit Tierwesen mystifizierten Kohle- oder Bleistiftzeichnungen, die sehr genau, aber nur selten realistisch sind. Es gibt Sprechblasen, aber auch viele Bildunterschriften, die einem helfen, das sehr verklausulierte Werk zu entschlüsseln (Reprodukt).

Der Belgier Joris Mertens hat über 30 Jahre im Art Department von Filmproduktionen gearbeitet, als Storyboarder, Set Designer, Grafiker und Illustrator. Eventuell haben die Pandemie und der Wegfall von Filmproduktionen dazu geführt, dass er sich den Traum vom eigenen Comic erfüllen konnte. 2021 veröffentlichte mit 50 Jahren er sein Debüt „Béatrice“, ein Jahr darauf „Das große Los“. In „Béatrice“ erzählt er von einer Kaufhaus-Mitarbeiterin in den frühen 1970er Jahren. Ihr Alltag ist monoton und etwas einsam, bis sie eine geheimnisvolle Tasche mit einem Fotoalbum findet, das sie in die eleganten 1920er entführt. Während „Béatrice“ ganz ohne Worte auskommt, erzählt Mertens klassisch mit Sprechblasen-Dialogen in „Das große Los“ von einem Lieferanten einer Wäscherei, der durch Zufall auf einen Haufen Geld stößt. Beide Comics lehnen sich an den Film Noir oder französische Krimis der 1970er Jahre an, es regnet viel und die Plot Twists versprechen nichts Gutes. Auch die farbigen Zeichnungen sind sehr filmisch angelegt und in ihrer Perspektive, Detailgenauigkeit und Lichtsetzung absolut grandios – jedes Bild gleicht einem Gemälde. Beide Comics sind jetzt auf Deutsch erschienen (Splitter Verlag).

Christian Meyer-Pröpstl

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