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Blut in schwarzweiß

30. Oktober 2012

ComicKultur 11/12

Ein Mann verfolgt eine Frau. Kein Krimi, sondern eine zarte Emanzipationsgeschichte ist „Rosalie Blum“, das erstaunliche Debüt von Camille Jourdy. Auf 350 farbigen Seiten erzählt sie von einsamen Herzen, biografischen Altlasten, Konflikten und Annäherungen. Jourdy setzt ihre anrührende Geschichte nicht nur in sehr schönen Farbzeichnungen um, die immer wieder die Möglichkeiten des Mediums spielerisch austesten, sie arbeitet auch raffiniert Subplots ein und verknüpft überraschend Handlungsstränge – meisterlich (Reprodukt). Auf den Abschluss von Jason Lutes’ „Berlin“-Trilogie müssen wir wohl noch warten. Auch der Belgier Marvano hat Mitte der 90er Jahre seinen Zyklus „Berlin“ begonnen und erst über zehn Jahre später abgeschlossen. Nun liegt ein Sammelband auf Deutsch vor. Erzählt wird von britischen Fliegern die während des Krieges Berlin zerbomben und einige Jahre später Hilfsgüter über der Stadt abwerfen. Der dritte Teil spielt nach der Wiedervereinigung und ist ein Nachhall des Hauptplots, der vor allem den zweiten Band ergänzt. Marvanos Geschichten sind gleichermaßen fundiert recherchiert wie spannend erzählt. So tauchen in seinen Stories immer wieder historisch verbürgte Figuren und Fakten auf (Ehapa). „Zum Abschuss freigegeben“ ist Jacques Tardis vierte Adaption eines Krimis von Jean-Patrick Manchette. Die Geschichte um eine Kindesentführung birgt einige Geheimnisse. Vor allem aber wird sie zunehmend fiebrig und abgründig. Menschen, das ist die Conclusio, sind eher nicht nett zueinander. Und wenn Geld ins Spiel kommt, wird’s richtig fies. Tardi zeichnet schwarzweiß, malt die brutale Groteske aber anschaulich blutig aus (Edition Moderne)

Von 1992 bis 1997 hat der Neuseeländer Dylan Horrocks an „Hicksville“ gearbeitet. Die Geschichte um einen Journalisten, der in einem neuseeländischen Dorf nach den Anfängen eines Comicstars sucht und dort auf lauter Comic-Aficionados trifft, ist im 90er Jahre-Krakelstyle gehalten. Die Story ist um einiges komplexer: Rahmenhandlung, Rückblenden, eingewobene Strips oder ganze Comichefte, die wiederum autobiografische Werke von Protagonisten der Rahmenhandlung sind – Alan Moore hätte seine wahre Freude daran und auch der gemeine Leser wird seinen Spaß haben (Reprodukt). Auch „Der Winter des Zeichners“ handelt von Comics. Ende der 50er Jahre im Spanien Francos: Eine Gruppe von Zeichnern möchte der Ausbeutung und der Zensur des Verlags entfliehen und ein eigenes Heft gründen. Die nicht chronologische Erzählweise von Paco Roca verrät gleich zu Beginn, dass das Unternehmen scheitert. Rocas Ligne Claire-Zeichnungen verbreiten Nostalgie, und die Geschichte ist nicht so frostig, wie man meinen könnte. Doch am Ende – also am Anfang – steht Resignation (Reprodukt).

Thoreau – Das reine Leben“ erzählt aus dem Leben des amerikanischen Philosophen Henry David Thoreau. Der war gegen die Sklaverei und lehnte den Staat ebenso ab wie den Monotheismus. Stattdessen interessierte er sich für das einfache Leben, entdeckte den Buddhismus und prangerte Geldgier ebenso wie Staatsmacht an. A. Dan und M. Le Roy skizzieren in losen Szenen und Anekdoten das Denken des widerständigen Philosophen, der 1862 starb – also den Beginn des Bürgerkriegs noch erlebte, nicht aber dessen Ausgang (Knesebeck). Ein wohlhabender Mann – offensichtlich ein Unsympath – hat einen Unfall und daraufhin ein Nahtoderlebnis. Auch in seinem neuen Werk „Metamorphosis“ verzichtet Daniel Bosshart vollständig auf Text. In Bildern, die permanent gleitende Veränderung beschreiben, erzählt er in seinem surrealen Bilderbuch vom Wandel eines Menschen. (Edition Moderne).

CHRISTIAN MEYER

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