„Glauben Sie an die Wahrheit“ fragt die Journalistin Doan Bui mit ihrem Titel etwas provokant. Doch derlei Polemik findet man in ihrem von Leslie Plée gezeichnetem Comic über Verschwörungsmythen und Fake News nicht. Ihr Ritt durchs Reich der Desinformation ist gut recherchiert und mit zahlreichen Interviews untermauert. Bui hangelt sich von Kapitel zu Kapitel von amerikanischen Kreationisten, die glauben, die Erde sei eine Scheibe und Leugnern von Amokläufen über klassische Fake News in den Sozialen Netzwerken und ihre Troll-Fabriken zum Obertroll Trump bis hin zu Klimawandelleugner und Impfgegner, macht einen Exkurs in die Geschichte der Falschmeldung bis hin zu den Griechen, wagt auch einen Blick auf die Illuminati und den Antisemitismus um schließlich auf psychologischer Ebene den Erfolg des Konzepts Fake News zu erklären. Ein so lustiger wie erschütternder Streifzug durch den Irrgarten der Unvernunft (Carlsen).
In „Pfahlloch“ von Daniela Heller haben Wissenschaft und Forschung nicht den großen Gegner der Verschwörungsmythologie zu befürchten. Stattdessen erleben wir den Alltag angehender Archäolog:innen auf einer Ausgrabungsstelle: mühseliges Graben bei jedem Wetter ist da nur das kleinste Übel. Unsichere Zukunftsperspektiven und vor allem das interne Gerangel um Praktikums- und Assistentenstellen stehen im Comic-Debüt von Daniela Hellers, die selber tatsächlich Comic-Künstlerin und freischaffende Archäologin ist, im Vordergrund. Ein Debüt, das souverän die zwischenmenschlichen Untertöne ins Bild setzt (avant-verlag).
Um Arbeit geht es auch in „Work-Life-Balance“ von Aisha Franz: Eine gescheiterte Kunststudentin töpfert für ihren Etsy-Online-Shop und zerlegt von Neid zerfressen gegenüber ihrer erfolgreichen Atelier-Kollegin ihr Sortiment. Ein Programmierer geht für ein hippes Start-up in Vorleistung, wird dann aber nicht beauftragt. Seine Idee findet er kurz darauf aber trotzdem in deren Angebot. Und eine Mitarbeiterin jener Firma ist unterfordert, holt sich ihren Kick aber bei selber produzierten Life-Hack Videos und dominanten Sex-Spielchen mit einem Mitarbeiter, der das aber gar nicht so gut findet. Aisha Franz („Shit is real“) zeigt wieder einmal, dass sie nicht nur eine tolle Erzählerin ist und die Dramaturgie visuell zuspitzen kann, sie präsentiert uns abermals ambivalente, aber dadurch sehr lebendige Figuren aus der Gegenwart (Reprodukt).
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