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Eduardo de la Calle
Foto: Presse

„Es gibt oft keine konkrete Aussage“

18. April 2016

Der spanische DJ und Produzent Eduardo de la Calle im Interview – Musik 04/16

Seine Musik verbindet auf filigrane Art und Weise die industrielle Härte des Techno mit der anmutenden Schönheit von Jazz und Folklore. Eduardo de la Calle ist ein spanischer DJ und Produzent, der für seinen Hang zum Analogen und sein unkommerzielles Auftreten bekannt ist. Der musikalische Ausnahmekünstler wird am 23. April im Gewölbe am Hans-Böckler-Platz – erstmalig in Köln – im Rahmen der Veranstaltungsreihe „My Dear“ performen. Internationale DJ-Größen wie Laurent Garnier, Âme oder Miss Kittin waren dort schon zu Gast. Grund genug ihm ein paar Fragen zu stellen.

choices: Herr de la Calle, können Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen?
Eduardo de la Calle: Nun, ich bin einfach ein Mensch, der versucht seine Aufgaben zu lösen. Ich denke, das Leben dreht sich ums Lernen und Wachsen. All mein Handeln ist darauf gerichtet, ein besserer Mensch zu werden.

Für alle, die Ihre Arbeiten nicht kennen: Können Sie diese kurz beschreiben?
Meine Musik ist stark von amerikanischen, englischen und deutschen Produzenten oder DJs der frühen 80er und 90er Jahre geprägt. In diesem Sinne folge ich diesem Erbe. Darum geht es mir.


Yoga und Mantras sind eine große Quelle der Inspiration, Foto: Presse

Was denken Sie, zeichnet elektronische Musik und Techno aus? Und wie begann Ihre Faszination dafür?
Ich denke zunächst einmal nicht, dass elektronische Musik etwas Außergewöhnliches ist, vor allem wenn man diese beispielsweise mit manchen Jazz-Songs von Miles Davis vergleicht. Aber elektronische Musik beinhaltet auch verschiedene Aspekte, die unmöglich in anderen Genres reproduziert werden können. Beispielsweise geht es in der elektronischen Musik vor allem um einzelne Frequenzen und Texturen. Es gibt oft keine konkrete Aussage. Die Bedeutung liegt meist in den einzelnen Texturen und Frequenzen selbst. Meine Faszination für elektronische Musik entwickelte sich in den späten 80er Jahren in meiner Nachbarschaft in Madrid, wo ich auch geboren und aufgewachsen bin. Ich war total geschockt als ich das erste Mal ein paar Tracks von „Crash Course in Science“ gehört habe – einer elektronischen Formation aus Philadelphia.

Sie haben seit 2003 über 75 eigene Schallplatten veröffentlicht. Ihre Arbeiten haben etwas sehr Intimes und fast schon Traumhaftes an sich. Was bedeutet Ihnen das Produzieren und was inspiriert Sie am meisten?
Spirituell gesehen, gibt mir Musik alles was ich zum Leben brauche. Yoga und Mantras sind eine große Quelle der Inspiration für mich. Und natürlich gibt mir meine Frau, die ein Mensch mit hohen spirituellen Ansprüchen ist, sehr viel Inspiration und Kraft um meinen Weg zu beschreiten.

Inwiefern beeinflusst Ihre kulturelle Herkunft Ihre Musik?
Als Teenager bin ich in den Süden Spaniens gezogen. Meine Eltern haben sich damals früh scheiden lassen, weshalb ich schnell Zugang zu reinem Flamenco und anderer Weltmusik fand. Nach einer Weile habe ich dann meinen eigenen Plattenladen für elektronische Musik eröffnet und begonnen Musik zu produzieren. Das ging alles recht schnell. Ich habe diese ganze Kultur und die Rhythmen dann in meinen eigenen Produktionen verarbeitet.


„„Gefühle spielen eine zentrale Rolle in meiner Musik“, Foto: Presse

Sie sind dafür bekannt auf Ihren Auftritten mit Vinyl zu spielen. Für viele DJ-Kollegen ist das ein Anachronismus. Können Sie etwas über Ihre Beziehung zu Vinyl und analogen Instrumenten erzählen?
Für mich ist das erst mal nichts Besonderes. Es ist die Art und Weise mit der ich aufgewachsen bin und das Handwerk, das ich gelernt habe. Dazu sollte ich erwähnen, dass in Deutschland und in England noch viele tausende DJs mit diesen Formaten arbeiten. Neue Technologien sind mir natürlich bekannt, aber sie sind mir etwas zu bequem. Am Ende sind sie einfach unpassend für mein DJing und meine Musik-Produktionen. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.

Sie haben einst in Berlin gelebt. Einige Ihrer neuesten Veröffentlichungen tragen deutsche Titel. Wie ist Ihre Beziehung zur deutschen Kultur?
Ich habe einige Jahre in Berlin gelebt, aber am Ende war es sehr hart für mich. Ich habe daraus gelernt, dass Musik in einer Umgebung von Harmonie und Frieden entstehen sollte. Also bin ich irgendwann weggezogen und habe versucht mehr Balance in mein eigenes Verhalten und Leben zu bringen.

Sie arbeiten seit den frühen 90er-Jahren als DJ und Produzent. Die Szene um die elektronische Musik ist in den letzten Jahren schnell gewachsen. Hat dieser Wandel auch Ihre Arbeit beeinflusst?
Die Welt befindet sich in konstantem Wandel. Ständig gibt es neue Technologien. Vielleicht geht es bei dieser ganzen Technologie letztendlich um die Frage, ob sie uns Menschen hilft oder uns am Ende gar zerstört. Ich persönlich versuche nach dem Grundsatz „weniger ist mehr“ zu leben, und das was dabei herauskommt, ist daher möglicherweise konzentrierter und klarer.

Man sagt, dass Yoga und Mediation Ihnen sehr wichtig sind. Dies scheint ungewöhnlich für den Lifestyle eines DJs, der eher dafür bekannt ist, exzessive Parties zu feiern. Ist Yoga ausschließlich ein Hobby oder übertragen Sie Einflüsse daraus auch auf Ihre Musik?
Ja, ich stimme dem völlig zu, dass sich Yoga auch auf meine Musik überträgt. Gefühle spielen eine zentrale Rolle in meiner Musik. Z.B. haben mir einige Bekannte aus Berlin erzählt, sie hätten auf einer After-Party beim Hören einer meiner Platten geweint. Also kann ein Produzent durch die Musik durchaus Gefühle vermitteln, die sogar zu einem transzendenten Bewusstseinszustand führen.

Gibt es ein paar anstehende Projekte, von denen Sie erzählen können?
Ja klar, es sind einige neue Veröffentlichungen geplant. Eine neue Platte auf dem Label Planet Rhythm und Forbidden Colours, gefolgt von einer neuen Veröffentlichung auf dem neu gegründeten Label von Alexi Delano.

Etwas anderes: Verraten Sie uns Ihren Lieblingsfilm?
Irgendeine ägyptische Doku über das Auge des Horus. Die hat mir den Rest gegeben (lacht).

„My Dear“ mit Eduardo de la Calle und Stocksaur DJ Team | Sa 23.4. 23.30 Uhr | Gewölbe am Hans-Böckler-Platz, Köln | www.eduardodelacalle.com

Interview: Philipp Stiller

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