Alexander Brown hat sich mit einigen Ausstellungen und Publikationen zum wichtigsten deutschsprachigen Comicforscher entwickelt. Sein Forschungsgebiet ist allerdings primär der amerikanische Comic der frühen Jahre. Ziegelsteinformatige Bände zu „Little Nemo“ und Winsor McCay sowie zu „Krazy Kat“ von George Herriman erschienen bei Taschen, fast so mächtige Brocken zum Vater der Graphic Novel Will Eisner und „Horror im Comic“ beim avant-verlag. Dort folgt nun ein ebenfalls gut 500-seitiger Rundumschlag zum Comic-Pionier Rudolph Dircks und seinem Strip „Die Katzenjammer Kids“, den er ab 1897 veröffentlichte und der irrwitziger Slapstick ist. Brown begnügt sich nicht mit einem monografischen Ansatz, sondern nimmt auch hier gleich die gesamte Geschichte der frühen Zeitungscomics und ihren historischen Kontext mit viel Bildmaterial in den Blick. Obendrauf gibt es noch etliche Originalseiten der Serie als Faksimile. Der Band erscheint als Katalog zur Ausstellung „125 Jahre Katzenjammer Kids – Der älteste und längste Comic der Geschichte“, die bis zum 10.4. im Schauraum Dortmund zu sehen ist.
Der Kanadier Michel Rabagliati hat je nach Zählweise circa acht Graphic Novels mit mehr oder weniger autobiografischem Hintergrund gezeichnet. Der Protagonist heißt allerdings nicht Michel, sondern Paul. Vor vielen Jahren hat der Wuppertaler Verlag Edition 52 „Pauls Ferienjob“ veröffentlicht. Bis jetzt war es leider der einzige „Paul“-Band, der auf Deutsch in Druck ging. Dabei erzählt Rabagliati, der als Grafikdesigner und Illustrator arbeitet und erst mit 40 Jahren zum Comic kam, nicht nur stilsicher, sondern auch sehr emotional. Vor allem in dem neuen Band „Paul zu Hause“, der den Protagonisten mit seiner Scheidung, dem Tod seiner Mutter und dem Umzug seiner Tochter konfrontiert, geht einem die Geschichte, die Rabagliati mit wahnwitzigen Einschüben von Arztbesuchen, Attacken des Nachbars und selbstironischem Humor gegenüber seinem neurotischen Protagonisten würzt, sehr zu Herzen. Auch Lewis Trondheim erzählt – wenn auch nicht autobiografisch – in seiner langjährigen Serie „Herr Hase“ von den Nöten des Erwachsenseins zwischen Beruf, Freunden und Liebschaften. Der neue Band „Schluss mit Lustig“ ist nach einigen Genre-Stories wieder bestes Dialog-„Kino“ – klug, unterhaltsam, lustig, schnell und sogar topaktuell mit ein wenig „Klimaterrorismus“ (Reprodukt).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Für Kinder und Junggebliebene
Gratis Kids Comic Tag 2024
Female (Comic-)Future
Comics mit widerspenstigen Frauenfiguren – ComicKultur 04/24
Spurensuche
Comics zwischen Wirklichkeit, Fantasie und Spektakel – ComicKultur 03/24
Held:innen ohne Superkraft
Comics gegen Diktatur und Ungerechtigkeit – ComicKultur 01/24
Ernste Töne
Neue Comics von Sfar, Yelin und Paillard – ComicKultur 12/23
Ausstellung in Buchformat
Wenn jedes einzelne Panel im Comic einem Kunstwerk gleicht – ComicKultur 11/23
Klaustrophobische Comics
Eingerahmter Existentialismus zwischen Leben und Tod – ComicKultur 09/23
Zwiespältige Helden
Geschichten aus anderen Zeiten – ComicKultur 08/23
Große Werke bei kleinen Verlagen
Comics sind nach wie vor ein Risikogeschäft – ComicKultur 07/23
Rotes Blut, roter Staub
Graphic Novels mit cineastischen Bezügen – ComicKultur 06/23
Quietschbunte Gewalt
Von starken Frauen und korrupten Männern – ComicKultur 05/23
Besser spät als nie
Abschlussbände von Comicreihen endlich erschienen – ComicKultur 04/23
Kindheit zwischen Buchseiten
„Die kleinen Bücher der kleinen Brontës“ von Sara O’Leary und Briony May Smith – Vorlesung 05/24
Vom Arbeiterkind zum Autor
Martin Becker liest im Literaturhaus aus „Die Arbeiter“ – Lesung 04/24
Grenzen überwinden
„Frieda, Nikki und die Grenzkuh“ von Uticha Marmon – Vorlesung 04/24
Erwachsen werden
„Paare: Eine Liebesgeschichte“ von Maggie Millner – Textwelten 04/24
Wortspielspaß und Sprachsensibilität
Rebecca Guggers und Simon Röthlisbergers „Der Wortschatz“ – Vorlesung 03/24
Lebensfreunde wiederfinden
„Ich mach dich froh!“ von Corrinne Averiss und Isabelle Follath – Vorlesung 03/24
Das alles ist uns ganz nah
„Spur und Abweg“ von Kurt Tallert – Textwelten 03/24
Wut ist gut
„Warum ich Feministin bin“ von Chimamanda Ngozi Adichie – Vorlesung 03/24
Unschuldig bis zum Beweis der Schuld
„Der war’s“ von Juli Zeh und Elisa Hoven – Vorlesung 02/24
Das Drama der Frau um die 50
„So wie du mich willst“ von Camille Laurens – Textwelten 02/24
Gertrude, Celeste und all die anderen
Progressive Frauen in Comics – ComicKultur 02/24