Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
27 28 29 30 1 2 3
4 5 6 7 8 9 10

12.530 Beiträge zu
3.770 Filmen im Forum

Ansicht der Ausstellung „Goldener Moment“ von Bea Meyer
Foto: Thomas Dahl

Äußerst kostbare Zeiten

17. Mai 2023

Bea Meyer im kjubh Kunstverein – Kunst 05/23

Ohne viel Zeit zu verlieren realisierte Bea Meyer nach eigenen Auskünften ihre aktuelle Ausstellung im kjubh (Cube) als impulsive Werkschau. Das sieht man den 79 Exponaten, die akkurat an den Wänden aufgereiht sind, jedoch nicht an. Im Gegenteil – auf den ersten Blick kommen Assoziationen zu einer vorbildlich geführten Stallung mit akribisch angebrachtem Pferdegeschirr auf. Alles hat seinen Platz, alles ruht, ergibt sich der Schwerkraft und wartet auf die Rückkehr der Besitzer:innen. Die Ruhe täuscht. Natürlich. Meyers „Seilungen“ locken die Besucher:innen mit Farben. Schwarz, Gelb, Pink, Orange, Silbergrau und Lavendelgrün. Das funktioniert bei Insekten ebenso wie bei Menschen. Als nächstes folgt der eingebildete Duft von Verflechtungen. Jedes Objekt gleicht einem Körper, der von unzähligen Verbindungen zusammengehalten wird. Strümpfe, Tücher, Kunststoffe, Ledergürtel, Steine, Styropor-Netze, Perlen, bedrucktes Papier (aus Kalendern der Vergangenheit). Drähte fließen ineinander, verirren sich auf schmalen Geraden, winden sich in halbherzigen Kurven, drohen zu zerreißen, sich abzuspalten oder entblößen sich in wirren Kräuseln, abstehenden Fäden, die wie Stacheln vor leichtsinniger Berührung warnen.

Bea Meyer schafft Knoten, die es nicht zu lösen gilt. Sie sind der essentielle Bestandteil von Beziehungen zwischen Der, Die und Das. Alles passt auf alles, wenn anstelle des einseitigen Willens die freundliche Bereitschaft, also das von Neugier geprägte Zulassen, besteht. Im Zusammenspiel mit dem weichem Licht der überschaubaren Galerie, stets beruhigenden Winkeln und (glücklicherweise) fehlenden Informationsfluten bleiben die Betrachter:innen auf Augenhöhe zum Gegenstand, der keiner ist. Die Leipzigerin mit Sympathie für die Rheinmetropole präsentiert delikate Momente der Zusammenführung, deren Aufeinandertreffen nicht länger auf sorgfältig zerdachte Konzepte warten durfte. Chirurgisch, bedrohlich, humoristisch und für den freien Geist auch ein wenig erotisch muten die Eingriffe in Stofflichkeiten an, verführen zu zarten Gedankensplittern über ersehnte Synergien, Spielereien, Hingaben, fließen wieder rückwärts entlang der Nahtstellen des tropfenden Verstands. Der „Goldene Moment“ – eine ungewöhnliche wie kostbare Ausstellung mit hohem Erkenntnisgehalt über das verlaufene Ego.      

Bea Meyer: Goldener Moment | bis 3.6., Fr., Sa. 15-18 Uhr u. n. Ver. | kjubh Kunstverein | www.kjubh.de

Thomas Dahl

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Napoleon

Lesen Sie dazu auch:

Meister der Street-Art
„The Mystery of Banksy – A Genius Mind“ in Köln

„Das sind keine elitären Räume“
Künstlerin Rike Hoppse und Mitorganisatorin Lea Geraedts über die 18. KalkKunst – Interview 10/23

Seitwärts tickende Zukunft
Museum Ludwig zeigt „Über den Wert der Zeit“ – Kunst 09/23

Ein Leben lang im inneren Tod
Claire Morgan in der Galerie Karsten Greve – Kunstwandel 09/23

Schatten schlägt Licht
„Sommerwerke 2023“ in der Galerie Kunstraub99 – Kunstwandel 09/23

Kunst und Umgebung
„Produktive Räume“ in Haus Lange Haus Esters in Krefeld – Kunst in NRW 08/23

Unzählige Schattierungen
„Weiß“ im Kunstraum Grevy – Kunst 06/23

Draußen, immer
Ein Skulpturenprojekt in Monheim – Kunst in NRW 02/23

„Mit Freikarten funktioniert das nicht“
Hermann Hollmann und Bettina Fischer über die 1. Kölner Kulturkonferenz – Interview 01/23

Forschungsstation Zivilisation
Andrea Zittel im Haus Esters Krefeld – Kunst in NRW 12/22

Gold-blau-schwarzes Glühen
Herbst- und Wintersalon im Kunstraum Grevy – Kunstwandel 12/22

„Verbindungen schaffen“
Das Kuratorenteam spricht über den Performance Garten – Kunst 11/22

Kunst.

Hier erscheint die Aufforderung!