Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt und ein Werther, der von allen Sinnen ist – schon Goethes Figuren waren am Rande des Wahnsinns und im Taumel der Liebe. Und Worte vielleicht die einzigen Anker, die sie zurück auf den Boden ziehen konnten. Die Poetica, die dieses Jahr zum fünften Mal stattfindet, widmet sich nun genau diesem Thema: dem Rausch in der Literatur.
Denn was ist Literatur ohne drängende Sehnsucht? Ohne Exzess, ohne Euphorie? In der Veranstaltungsreihe vom 21. bis 26. Januar hat Kurator Aris Fioretos acht Autoren eingeladen, um sich mit ihnen in nachmittäglichen Diskussionsrunden und abendlichen Lesungen den gesteigerten Geisteszuständen zu widmen. Denn seit jeher bleibt das Verhältnis von Kunst und Rausch ein symbiotisches – oder sind sie vielleicht sogar ein und dasselbe? Keine Poesie ohne Jubel, ohne Verheißung, ohne Höhenflug, so viel ist sicher. Nicht selten bedeutet das ganz konkret die Suche nach einem künstlichen Paradies. Schließlich griffen nicht selten Autoren zu verschiedensten Substanzen, um der Realität zu entkommen und ihr Bewusstsein zu erweitern. Drogen als notwendiger Katalysator? Auch darum soll es bei der diesjährigen Poetica gehen. Kein Wunder also, dass auch Christian Kracht zugegen sein wird. Sein Debütroman „Faserland“ aus den 90er Jahren bezeichnete die Suche nach dem künstlichen Exzess par excellence.
Und schließlich: Der Rausch macht nicht nur etwas mit dem Autor, sondern gleichermaßen mit dessen geschriebenen Wort. Deswegen stellt Kurator Aris Fioretor an seine geladenen Gäste auch die Frage, wie der Kontrollverlust auf die Sprache wirkt. Gehört etwa gerade auch das Ausbrechen aus Formen, das Durchbrechen der Syntax zu wahrhaft großer Poesie?
Eingeladen sind Mircea Cărtărescu aus Rumänien, Oswald Egger aus Deutschland, Christian Kracht aus der Schweiz, Mara Lee aus Schweden, Agi Mishol aus Israel, Lebogang Mashile aus Südafrika, Marion Poschmann aus Deutschland und Jo Shapcott aus England. Die internationalen Gäste werden sich an verschiedenen Orten in Köln für die Veranstaltungen zusammenfinden: in der Universität, der Stadtbibliothek, im Literaturhaus, im Alten Pfandhaus, im Sancta-Clara-Keller und im Schauspiel Köln.
poetica 5 | 21. - 26.1. | www.poetica.uni-koeln.de
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