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„Deep me“ von Marc-Antoine Mathieu

Klaustrophobische Comics

29. August 2023

Eingerahmter Existentialismus zwischen Leben und Tod – ComicKultur 09/23

Ich möchte vom Leben alles“ lautet der Untertitel der gerade erschienenen „Simone de Beauvoir“-Biografie von Autorin Julia Korbik („Oh, Simone!“) und Zeichnerin Julia Bernhard, deren „Wie gut, dass wir darüber geredet haben“ 2020 mit dem renommierten Max-und-Moritz-Preis für das beste Debüt ausgezeichnet wurde. Der Comic, der sich auf Simone de Beauvoirs eigene autobiografische Schriften, ihre philosophischen Texte und weitere Quellen stützt, erzählt von einer lebenshungrigen Frau, die sich ihren Platz in einer männlich dominierten Welt erkämpft und damit zu einer Ikone des Feminismus wird, die sie selber nie sein wollte. In eine Rahmenhandlung eingebettet, erleben die Leser:innen auf unterhaltsame und auch humorvolle Art, wie ein kluger Geist erwacht und erblüht (Rowohlt).

Marc-Antoine Mathieu ist seit Jahren und Jahrzehnten ein genialischer Erforscher der erzählerischen Möglichkeiten des Mediums Comic: vorwärts, rückwärts, gespiegelt, gekreiselt … Nun folgt fast nichts: „Deep me“ ist von allen Seiten und auch innen auf den meisten Seiten in tiefes Schwarz getränkt. Der Comic erzählt von einem Koma-Patienten aus der Innenperspektive. Wie beim Locked-In-Syndrom kann der Protagonist alles wahrnehmen, aber sich nicht bemerkbar machen. In diesem Fall nicht einmal über die Augen. Es entfaltet sich ein philosophischer Monolog über das Sein und das Bewusstsein, der langsam in einen Kriminalfall mündet und dann doch noch einen weiteren Twist parat hat. Ein ganz und gar klaustrophobisches Leseerlebnis, dessen düsterer Kraft man sich nicht entziehen kann (Reprodukt).

Lewis Trondheims wunderbare Reihe um Herrn Hase schlägt mit „Die neuen Abenteuer von Herrn Hase 8: 31. Juli“ erneut einen überraschenden Haken, der formal an den 2., kleinformatigen und wortlosen Band der Reihe, „Das verrückte Unkraut“, mit – auch hier – einem heimtückisch-philosophischen Diskurs anschließt. Ein Comic ohne Worte, dessen schlichte Meisterschaft den Kritiker beinahe sprachlos macht (Reprodukt). Zum Schluss ein kleiner Ausstellungstipp: Begleitend zum Afrika Film Fest (14.-24.9.) findet vom 12.-24.9. in der Alten Feuerwache in Köln „Africomics“ mit Comics aus Afrika statt. Dort kann man in die hierzulande nur wenig beachteten Comics des riesigen Kontinents eintauchen.

Christian Meyer-Pröpstl

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