Vorweg: Das Freie Theater konnte schon immer Krise. Weil es sich praktisch nie auf einem satten Boden oder sicher finanziert sah. Wer täglich Theater macht, weiß und vermittelt Werte und Sichtweisen, die die Welt der Satten in Frage stellen. Dass die Corona-Krise nun auch die Theatermacher*innen trifft, ist tragisch - aber diese beweisen, im allgemeinen Gejammer der unzähligen Industrieverbände, auch eine bemerkenswerte Gelassenheit, die trotz unsicherer Finanzierungen und geschlossener Vorhänge weiß, dass es anderen anderswo schlechter geht.
Folgerichtig hat die SK Stiftung Kultur auch in diesem Jahr wieder mehrere Produktionen und Persönlichkeiten der hiesigen Kölner Szene für den Theaterpreis nominiert, der am 7. Dezember entweder nur virtuell oder vielleicht unter freiem Himmel vor der Tür im MediaPark verliehen werden kann.
Für den mit 10.000 Euro dotierten Theaterpreis sind die in St. Gertrud aufgeführte, freie Schiller-Adaption „IS deutsche Räuber im Dschihad“ der WEHR51, Alice Birchs feministischer FWT-Abend „Revolt. She said. Revolt again.“ von Killer&Killer, Janosch Roloffs Inszenierung „Francos Hermannsschlacht“ am Orangerie-Theater, Jörg Fürsts spannendes Musiktheater „Jeder:Jederzeit“ und Tom Müllers Keller-Update „Der Zauberer von Oz – there‘s no place like home“ nominiert. Fürs zweite Halbjahr wurden nun noch Daniel Schüßlers „Geister ungesehen - Ein deutsches Trauma“ der studiobühne, Heinz Simon Kellers Anna-Seghers-Adaption „Transit“, André Erlens beeindruckende Stationen-Performance „1934 – Stimmen“, Port-in-Airs etwas anderer Forschungsabend „Killing Anton“ und Kristóf Szabós Produktion „Aischylos/Marinetti: Prometheische Kultur“ am Orangerie-Theater als potenzielle Preisträger auserkoren.
Der Kölner Kinder- und Jugendtheaterpreis könnte in diesem Jahr an Manuel Mosers „Werther in Love“ der Comedia, Hannah Bierdermanns FWT-Inszenierung „Hieronymus“, Lin Verlegers Comedia-Produktion „mutig, mutig“ oder Eva von Schweinitz' „Denken ohne Geländer“, abermals vom Freien Werkstatt Theater, gehen.
Beim Tanztheaterpreis können sich Emily Welthers sinnlich-puristische Performance „OHNE time“, El Cucos wunderbar doppeldeutiger Abend „Screaming Matter“, Bibiana Jiménez' Martha-Hegemann-Hommage „Das eXXperiment“, die Tanzfaktur-Produktion „Marcel Duchamp die Braut von ihren Jungesellen nackt entblösst, sogar...“ sowie Ilona Pászthys „absence#1 - deconstruction of body“ und Julia Rieras „MIRA9_was uns trennt und bindet“ Hoffnungen machen.
Der Ehrentheaterpreis wird in diesem Jahr an Gerda König gehen, als beste Nachwuchsdarsteller*innen sind zudem Lena Klöber, Luis Volkner und Kaja Jansen nominiert. Der fürs beste politische Stück ausgelobte Kurt-Hackenberg-Preis soll an eine der bereits für die Hauptkategorie nominierten Produktionen „IS deutsche Räuber im Dschihad“, „Der Zauberer von Oz – there‘s no place like home“, „Geister ungesehen - Ein deutsches Trauma“ und „1934 – Stimmen“ gehen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Wozu Theater (noch) in der Lage ist
Die Kölner Tanz- und Theaterpreise 2020 – Bühne 12/20
Theater und Identität
Verleihung der Kölner Tanz- und Theaterpreise 2019 – Bühne 12/19
Vier Impulsgeber
Kölner Kulturpreis verliehen – Spezial 07/19
Preisregen
Die Kölner Theaterpreise – Theaterleben 01/18
Jingle Bells
Die Kölner Theaterpreise 2016 – Theaterleben 01/17
Sauce Zigeunerart
„Furcht und Ekel“ am Schauspiel Köln – Theater am Rhein 02/16
28 Richtige
Nominierungen der 26. Tanz- und Theaterpreise – Bühne 11/15
Pandora Likes
Über Preise und Tabubrüche – Theaterleben 12/14
Schöpfung ohne Schöpfer
Max Fischs Erzählung „Der Mensch erscheint im Holozän“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 05/24
Bitte keine Zuversicht
„Die letzten Männer des Westens“ am Schauspiel Köln – Auftritt 05/24
„Brisante politische Inhalte, lustvoll präsentiert“
Leiter Haiko Pfost über das Impulse Theaterfestival 2024 in Köln, Düsseldorf und Mülheim a. d. Ruhr – Premiere 05/24
Queere Revolution?
Das Sommerblut Kulturfestival 2024 in Köln – Prolog 05/24
Zeit des Werdens
„Mädchenschrift“ am Comedia – Theater am Rhein 05/24
Wege aus der Endzeitschleife
„Loop“ von Spiegelberg in der Orangerie – Theater am Rhein 04/24
Mut zur Neugier
„Temptation“ in den Ehrenfeldstudios – Theater am Rhein 04/24
Wahllos durch die Zeitebenen
„Schlachthof Fünf“ am Theater im Ballsaal – Auftritt 04/24
„Wir wissen nicht viel über das Universum“
Ronny Miersch inszeniert „Der Mensch erscheint im Holozän“ am TdK – Premiere 04/24
Das Theater der Zukunft
„Loop“ am Orangerie Theater – Prolog 04/24
„Ich mache keine Witze über die Ampel“
Kabarettist Jürgen Becker über sein Programm „Deine Disco – Geschichte in Scheiben“ – Interview 04/24
Flucht auf die Titanic
„Muttertier“ am Schauspiel Köln – Prolog 03/24
Für die Verständigung
Stück für Gehörlose am CT – Theater am Rhein 03/24
Lesarten des Körpers
„Blueprint“ in der Außenspielstätte der Tanzfaktur – Prolog 03/24
Im Höchsttempo
„Nora oder Ein Puppenhaus“ in Bonn – Theater am Rhein 03/24
Parolen in Druckerschwärze
„Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ am Schauspiel Köln – Auftritt 03/24
„Es wird ein Kampf um Vormachtstellung propagiert“
Rafael Sanchez inszeniert „Die letzten Männer des Westens“ am Schauspiel Köln – Premiere 03/24