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Promising Young Woman

Promising Young Woman
USA, Großbritannien 2020, Laufzeit: 114 Min., FSK 16
Regie: Emerald Fennell
Darsteller: Carey Mulligan, Laverne Cox, Bo Burnham
>> www.upig.de/micro/promising-young-woman

Tragikomisches MeToo-Rachedrama

I spit in your Coffee
„Promising Young Woman“ von Emerald Fennell

Cassie wollte Ärztin werden. Und nun steht sie in einem kleinen Café hinter dem Tresen. Am Wochenende geht sie alleine in Bars und Clubs und lässt sich dann volltrunken von Männern abschleppen. So scheint es jedenfalls. Denn die Männer geben sich erst einmal als hilfsbereite Genossen aus, die sie vor anderen Männern, die die Situation ausnutzen könnten, schützen wollen. Am Ende landet Cassie dann aber doch immer bei diesen vermeintlichen Beschützern in der Wohnung und lässt sie an sich herumfingern. Bis Cassie plötzlich statt mit lallender mit klarer, scharfer Stimme und stechendem Blick fragt, was der Scheiss soll.

Cassie hat eine Mission! Übergriffigen Männern, die ihre scheinbare Willenlosigkeit ausnützen wollen weist sie in ihre Schranken und erteilt ihnen auf ihren nächtlichen Trips eine Lektion. Dieser Selbstermächtigungsgeste liegt ein Trauma zugrunde, das sie im Medizinstudium erfahren musste, als ihre beste Freundin Nina von mehreren Kommilitonen im Vollrausch vergewaltigt wurde und sich anschließend umbrachte. Cassie hat daraufhin alle Ambitionen auf Karriere sausen lassen. Sie hat das Studium geschmissen, wohnt nun wieder zu Hause und jobbt in dem Café. Dort trifft sie eines Tages Ryan, einen ehemaligen Kommilitonen. Nach einem etwas holprigen Start, bei dem sie ihm verächtlich in den Kaffee spuckt, kommen sich die beiden näher. Das wiederum bringt sie auch wieder in Kontakt mit anderen Komilliton*innen von damals. Und sie merkt, dass ihre Rachegelüste keinesfalls verschwunden sind ...

Emerald Fennell hat ihr auf einem eigenen Drehbuch basiertes Debüt als überdrehte, wankelmütige Tragikomödie angelegt. Das verwundert bei dem brisanten Thema, und tatsächlich ist der Film auch ein emotionaler Ritt, der es in sich hat. Comedy-Elemente vermischen sich mit tragischen Tönen des Schmerzes und nicht zuletzt mit Momenten der zwiespältigen Nischenschublade „Rape and Revenge“. Wenn „Promising Young Woman“ heute oft als „Me-too-Rache-Thriller“ bezeichnet wird, dann ist die Regisseurin an der richtigen Stelle von „Rape and Revenge“ abgebogen. Denn häufig diente in der Geschichte des Genres sowohl die Vergewaltigung zu Beginn als auch die Gewalt der darauf folgenden Rache vor allem als Schauwert. Ganz im Sinne des Exploitation-Films wird das Thema vor allem voyeuristisch Ausgebeutet. Ausnahmen bestätigen die Regel dieses meist ambivalenten Genres zwischen frühen Filmen wie Wes Cravens „Last House on the Left“, Meir Zarchis „I spit on your Grave“, Abel Ferraras „Mrs. 45“ oder späteren Filmen wie Takashi Miikes „Audition“, Gaspar Noés „Irréversible“, Virginie Despentes‘ „Baise-moi“ oder David Slades „Hard Candy“ und im weitesten Sinne auch ganz aktuell „Moxie“ in Form einer Highschool-Komödie. Der Gefahr der Exploitation entgeht Fennell alleine schon dadurch, dass sie weder Vergewaltigung noch andere Gewalt zeigt – mit einer Ausnahme. Im Gegenteil: Der Film ist zum großen Teil in poppigen Farben ausgestattet wie eine Romantic Comedy. Dazu tragen auch die locker-lustigen Dialoge und die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Cassie und Ryan bei. Andererseits ist hier die Protagonistin, in all ihren Facetten fantastisch dargestellt von Carrey Mulligan („An Education“, „Drive“, „Shame“), ungewöhnlich zwiespältig und taugt mit ihren schrägen und widersprüchlichen Handlungen nur Bedingt als Identifikationsfigur, während ihr Love-Interest Ryan (Bo Burnham; „Funny People“, „The Big Sick“) ein sympathischer Sunnyboy wie aus dem Buch ist. Und dann wartet dieser unorthodoxe, auf seine ganz eigene Art radikale und radikal feministische Film auch noch mit einem unglaublichen Ende auf, dass das Thema auf eine strukturelle Ebene hebt und zugleich allgemeingültiger aber auch schwerer erträglich macht. Das Risiko dieses gewagten Ansatzes wurde bislang mit 5 Oscar-Nominierungen und fast durchweg guten Kritiken belohnt.

(Christian Meyer-Pröpstl)

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