Der Streit der Religionen wird wohl nie ein Ende finden. Lessing hat ihm in seinem Ideendrama „Nathan der Weise“ ein Mahnmal gesetzt, um dessen Sockel auch im 21. Jahrhundert erbittert gefightet wird. In den Schulen ist der Stoff Pflichtlektüre, deshalb muss sich aber nicht der Mehltau der Langeweile auf ihn legen. Das beweist jetzt Volker Hein mit seiner Inszenierung von Ulrich Hubs Jugendstück „Nathans Kinder“ im Horizont Theater.
Ausgerechnet der junge Kreuzritter, der alles Jüdische verachtet, rettet Recha, die Tochter des jüdischen Kaufmanns Nathan aus einem brennenden Haus. Recha verguckt sich in den strammen Ritter. Nathan hat Recha als Tochter adoptiert, obwohl sie einer christlichen Familie angehörte. Ein Umstand, den sich sowohl der Sultan als auch der katholische Bischof für ihre finanziellen bzw. theologischen Ränkespiele zunutze machen wollen.
Letztlich geht es immer wieder darum, dem Andersgläubigen das Menschsein abzusprechen. Ulrich Hub bringt die komplexe Geschichte in flüssige, pointierte Dialoge. Volker Hein nimmt die Steilvorlage auf und inszeniert wie aus einem Guss. Humor und Charme besitzt seine Bearbeitung. Als Dreh- und Angelpunkt bewährt sich Anne Schröder in der Rolle der Recha, mit weiblicher Intuition und Beharrung steuert sie ihr Glück gegen den Starrsinn der Männer an. Das hat Klasse und animiert die Herren ebenfalls zu starken Leistungen. Sunga Weineck bringt Temperament in die Geschichte, die Rolle des strengen Vaters scheint maßgeschneidert für ihn. Tali Barde als spröder, junger Ritter wirkt standfest, Jürgen Clemens und Jürgen Reinecke liefern mit ihren leicht überzeichneten Rollen als Sultan und Bischof die nötigen komödiantischen Farben. Ohne das Thema an vordergründige Effekte zu verkaufen, mit einer geschmackvollen Ausstattung und einem Wald von Säulen, der gut in die Bühnenlandschaft des Horizont Theaters passt, bietet Volker Hein mitreißendes Jugendtheater. Eine Demonstration, wie anregend bildungsbürgerliches Kulturgut sein kann.
„Nathans Kinder“ | Regie: Volker Hein | nächste Termine: 23.11. 11 Uhr, 5.12., 11/17 Uhr | Horizont Theater | Thürmchenswall 25, Köln | Tel. 0221 13 16 04 | www.horizont-theater.de
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