Ricky
Frankreich 2008, Laufzeit: 90 Min.
Regie: François Ozon
Darsteller: Alexandra Lamy, Sergi Lopez, Arthur Peyret, Mélusine Mayance, André Wilms, Jean-Claude Bolle-Reddat, Julien Haurant
Bei Katie und Paco ist es Liebe auf den ersten Blick. Doch als schon bald ihr gemeinsamer Sohn auf die Welt kommt, verändert sich so einiges. Nach der Geburt kommt es schnell zum Streit zwischen den Eltern.
Bei den Filmen von François Ozon muss man sich häufig auf eine Überraschung gefasst machen. Keiner seiner neuen Filme gleicht den vorangegangenen, weil sich der talentierte Filmemacher eben einfach nicht wiederholen und damit selbst langweilen will. Sein letzter Film „Angel“ lief vor zwei Jahren auf der Berlinale, wurde von den Kritikern eher abgewatscht und anschließend von den Zuschauern auch weitgehend gemieden. Ein Kostümdrama war es geworden, basierend auf einem Roman. Auch Ozons neuer Film, ebenfalls im Wettbewerb der Berlinale uraufgeführt und dabei wesentlich wohlwollender aufgenommen als der Vorgänger, basiert wieder lose auf einer literarischen Vorlage. Das Ergebnis definiert das Schaffen des Regisseurs abermals neu, hat er sich dieses Mal gar dem Bereich des Übernatürlichen und Fantastischen angenommen. Dabei ist „Ricky“ einem seiner frühesten Filme, „Sitcom“, vielleicht noch am ähnlichsten.
Alles beginnt mit der in Tränen aufgelösten Mutter Katie (Alexandra Lamy), die auf einer Behörde zu Protokoll gibt, sie halte das ständige Schreien ihres Kindes nicht mehr aus und wolle dieses deswegen gerne in ein Heim geben. Sie sei mit den Nerven am Ende, gesteht die junge Frau frontal in die Kamera, die Beamtin bleibt eine gesichtslose Stimme aus dem Off. Nach dieser bewegenden Eröffnung springt Ozon „einige Monate“ zurück in der Zeit. Die Zuschauer erleben Katie bei ihren morgendlichen Ritualen mit ihrer siebenjährigen Tochter Lisa, die sie alleine großzieht. Wir werden Zeuge ihres ersten Treffens mit dem neuen Kollegen Paco, kurz darauf wird auch schon Ricky geboren. Die Andeutungen, dass mit dem Kleinen irgendetwas nicht stimmen könnte, beginnen bereits am Tag seiner Zeugung: Katie fühlt sich unwohl, bricht zusammen, vergisst darüber ihre Tochter. Diese scheint den Braten auch direkt zu riechen, der da im Ofen schlummert. Nach der Geburt ist dann alles erst mal ganz normal, der Junge scheint gesund und munter. Nur isst er erstaunlich viel und ist deswegen sehr häufig erzürnt, wenn die Nahrung nicht rechtzeitig serviert wird. Mehr darüber zu verraten, wie sich Ozons Geschichte von dort an weiterentwickelt, wäre ungerecht. Denn dann würde man einige der skurrilsten, witzigsten und liebenswertesten Ideen verraten, die der Film für seine Zuschauer bereit hält, und die umso besser funktionieren, wenn man völlig unbedarft an sie herangeht. „Ricky“ ist nicht nur einer der lustigsten Filme, die Ozon in den letzten Jahren gedreht hat, sondern bietet auch einen ausgesprochen neuartigen Ansatz für eine derartige Geschichte, die schon für sich selbst genommen etwas völlig Neuartiges ist.
(Frank Brenner)
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