Medianeras
Spanien, Argentinien, Deutschland 2011, Laufzeit: 91 Min., FSK 6
Regie: Gustavo Taretto
Darsteller: Pilar López de Ayala, Javier Drolas, Inés Efrón, Carla Peterson, Rafael Ferro
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Anregende Komödie über Großstadtneurotiker
Monologe und Momente
„Medianeras“ von Gustavo Taretto
Was Woody Allen sein New York, ist Regisseur Gustavo Taretto sein Buenos Aires: Großstadt als Hölle, Paradies, Sündenpfuhl, Lebenselixier, als Hort der Depression, der Einsamkeit, des Glücks in der Begegnung. Ein Ort, dem Woody Allen 1979 mit Kopf und Herz dermaßen verfallen war, dass er ihn filmisch portraitierte: zynisch, verbittert, verliebt. Allen setzte mit „Manhattan“ seiner Stadt ein Denkmal, Gustavo Taretto verbeugt sich nun vor Buenos Aires.
Und die Verneigung beginnt mit Spott. Martín (Javier Drolas), ein junger Webdesigner, entlädt sich in ausgiebigen Off-Monologen frustriert über seine Stadt, ihr Wesen, ihre Architektur. Ein Nest, das wächst und gedeiht ohne Stil, ohne Konzept, ohne Vision. Eine Stadt, die nichts ist als Durchgangsstation, Nistplatz für Depressionen und Gewalt. Anders als Woody Allen in den Endsiebzigern bleibt dem Großstädter Martín im Jahre 2012 allerdings die Flucht in digitale Welten, in denen sich Phobiker Martín dann auch zu Hause fühlt. Im Haus gegenüber wohnt Mariana (Pilar López de Ayala). Die Architektin steht auf Beton, Glas und Stahl, ist arbeitslos und jobbt stattdessen als Schaufensterdekorateurin. Ihre einzig verlässlichen Freunde sind Schaufensterpuppen, die sie bei sich wohnen lässt. Martín hingegen sammelt Actionfiguren. Regisseur Gustavo Taretto wünscht sich, dass Martín und Mariana zusammenkommen. Das Publikum sieht und kommentiert, wie sich die beiden immer wieder begegnen – sie selbst sehen es hingegen lange nicht. Und das ist auch schon der Grundplot und das Spiel dieser leichthändig inszenierten Geschichte, die gerahmt wird von den Jahreszeiten und einem Bilderbuch. Das melancholische Großstadtdrama schaut den beiden Singles dabei über die Schulter, wie sie sich in ihren Welten verlieren, sich ihren Phobien stellen, wie sie einsame Tränen verlieren. Wie die beiden nicht verzweifeln und trotzdem einen Partner suchen, sei es im Internet oder im Schicksalswink unten auf der Straße.
Gustavo Taretto inszeniert den Fluch und den Segen digitaler und realer Welten äußerst sympathisch und charmant, der Soundtrack folgt dem Geschehen angemessen verträumt. Die Stärke des Dramas ist dabei weniger das Ganzheitliche, der Zusammenhalt, der Spannungsbogen. Gustavo Taretto inszeniert assoziativ, montiert Momente. Daraus schafft er zugleich eine Ode an das Flüchtige, an die kurzen Momente. Und wenn man es sich überlegt, sind kurze Momente absolut großstädtisch, so wie es auch die Off-Monologe sind, die anfangs Überhand zu nehmen scheinen, bis man gewahr wird, dass derlei Selbstgespräche eine Konsequenz darstellen, will man von Anonymität und Selbstfindung in der zeitgenössischen Masse erzählen. Solange dort jedenfalls noch „Manhattan“ im Nachtprogramm läuft, wie auf den Bildschirmen von Martín und Mariana, ist die Welt ja noch in Ordnung.
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