Krieg der Götter
USA 2011, Laufzeit: 110 Min., FSK 16
Regie: Tarsem Singh
Darsteller: Henry Cavill, Stephen Dorff, Isabel Lucas, Mickey Rourke, Freida Pinto, Luke Evans, Kellan Lutz, John Hurt, Joseph Morgan, Robert Maillet
>> kriegdergoetter.de
Griechisches Sagenepos
Soaptraum
„Krieg der Götter“ von Tarsem Singh
Im Jahr 2000 inszenierte Tarsem Singh für sein Spielfilmdebüt „The Cell“ Traumsequenzen, die den Betrachter farbenfroh, stylish und edel arrangiert in fremdweltlichen Zauber entführten. In kunsterfüllten, synthetischen Hochglanz. Es waren diese Szenen, über die man sprach, die man mitnahm. Mit „The Fall“ war Tarsem Singh im besten Sinne im hollywood‘schen Arthousekino angekommen. Der Film ist sein bisheriges Meisterwerk, durch das er seine Vorstellungskraft mit der Welt da draußen vereinbaren konnte. Auch hier funktioniert dies über zwei Ebenen, die der Realität und die der Phantasie, nur existieren sie, anders als in „The Cell“, bereits gleichberechtigt nebeneinander. Dann, und das war konsequent, stürzte sich Tarsem Singh auf Märchen und Sagen. Auf „Spieglein, Spieglein - Die wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen“, ein Kostüm- und Requisitenfest, aber doch ohne nachhaltiger Relevanz. Und zuvor noch auf dieses himmlische Dramengemälde, das von der griechischen Götterwelt erzählt und von dem Bösen auf Erden. Vom „Krieg der Götter“.
Stilisierte, phantastische Welten mögen Tarsem Singhs Kosmos bilden, das lässt sich nur leider nicht umsetzen mit einem profanen Drumherum: Tarsem Singh liefert für „Krieg der Götter“ Bilder zu einer hohlen, abgegriffenen Story und füllt sie mit uncharismatischen Darstellern, die wiederum keine Charaktezüge vorgesetzt bekommen, die sie füllen könnten. Es passt einfach nichts zusammen: Die gelackten Soaphelden hätten in „Starship Troopers“ Spaß gemacht. Nur besetzte „Starship Troopers“ seine Barbies und Kens bewusst ironisch. Und oben am Himmel Götter, die queer im Olymp herum stehen, Gold schimmernde Holodeckfiguren aus Kunstmilch und synthetischem Honig. Unsterbliche Götter, die auf Erden dazwischen funken, und bei denen man nicht versteht: Wie mächtig sind die eigentlich? Warum können die so viel, und warum sterben dann so viele? Hä?!
Nichts scheint Tarsem Singhs Bildern angemessen. Das mag nicht seine Schuld sein. Doch es ist seine Schuld. Denn der Filmemacher hatte sich nun mal entschieden, dieses göttlich historische Schlachtenepos zu drehen. Und er hatte Bilder im Kopf. Erhabene Bilder. Und so ziehen die Götter und Krieger in den Kampf, und alles ist zu clean. Zu kalt. Zu sauber. Zu glatt. Eine Ästhetik wie diese funktioniert, das haben die hypnotischen Einlagen in Lars von Triers „Melancholia“ bewiesen oder eben die erhabene Traumsequenzen in „The Cell“. „Krieg der Götter“ hingegen ist eine einzige Traumsequenz. Ohne Leben. Klinisch. Tot. Ein Traum. Ein Soaptraum. Selbst Dreck glänzt hier in Hochglanz. Überästhetisierte Werbewelten, die schön sind, in denen man sich aber nicht wieder findet.
Tarsem Singh verliert sich, und das ist für einen Künstler an sich löblich, in seiner Kunst. Doch wirkt seine Kunst in diesem trivialen Rahmen zu künstlich. Der Künstler, der Filmemacher, hat sich den falschen Film, womöglich das falsche Genre ausgesucht. Vielleicht scheitert er gerade am Naheliegendsten, an Sagen und an Märchen. Wie auch immer, in diesem Fall zumindest geistert der Künstler mit seinen leinwandsprengenden visuellen Ideen durch eine Fernsehproduktion und verschenkt dabei sein Talent.
Welche Szenen sind es, über die man spricht, die man mitnimmt? Wahrscheinlich den finalen Zeitlupensplatterregen. Der Soundtrack, vielleicht. Auf jeden Fall aber die letzte Einstellung, in der Tarsem Singh die Kinoleinwand mit himmlischen, laufenden Bildern bepinselt, wo er zaubert, wo der Film bei allem Hokuspokus doch noch einmal erstrahlt.
Tarsem Singh hat den Blick für das Ganze verloren. Man wünscht sich, dass er in Zukunft wieder Geschichten findet, die in seine Welt passen. Doch dafür muss er sie schon auch suchen.
(Hartmut Ernst)
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