
Jeder stirbt für sich allein
Deutschland, Frankreich, Großbritannien 2016, Laufzeit: 103 Min., FSK 12
Regie: Vincent Perez
Darsteller: Brendan Gleeson, Emma Thompson, Daniel Brühl
>> www.jederstirbtfuersichallein.x-verleih.de/
Verfilmung des auf authentischer Story beruhenden Romans von Hans Fallada
Mit Postkarten-Parolen gegen Hitler
„Jeder stirbt für sich allein“ von Vincent Perez
Der italienische Schriftsteller und Holocaust-Überlebende Primo Levi nannte es „Das beste Buch, das je über den deutschen Widerstand geschrieben wurde“: Hans Falladas 1947 erstmals – wenn auch gekürzt – erschienener Roman „Jeder stirbt für sich allein“. Erst 2011 wurde Falladas ursprüngliche Version publiziert, ging seitdem 300.000-mal über die hiesigen Ladentische. Das Fernsehen interessierte sich schon früh für diesen brisanten Stoff: In der BRD entstand 1962 ein TV-Film (Regie: Falk Harnack), 1970 folgte in der DDR ein TV-Mehrteiler und 1976 adaptierte der in deutschen Cineasten-Kreisen immer noch völlig unterschätzte Alfred Vohrer den Roman für die Kinoleinwand. Mit einer grandiosen Hildegard Knef in der weiblichen Hauptrolle der Anna Quangel.
Nun hat Oscar-Preisträgerin Emma Thompson („Wiedersehen in Howards End“) diese Rolle übernommen, der irische Schauspieler Brendan Gleeson („Brügge sehen ... und sterben?“) spielt ihren Ehemann Otto. Er ist Werkmeister in einer Berliner Großschreinerei, sie engagiert sich in einer NS-Frauen-Ortsgruppe. Als sie vom Tod ihres einzigen Sohnes an der Westfront erfahren, kommen ihnen erste Zweifel am Hitler-Regime. Und als Otto in einem Buch seines Sohnes eine Postkarte mit dem Aufdruck „Der Führer“ findet, übermalt er die Buchstaben zu „Der Lügner“ und kommt dabei auf eine Idee: Fortan beschreibt er „harmlose“ Postkarten mit Anti-Hitler-Parolen, die zum Widerstand aufrufen, und verteilt sie mit seiner Frau in der ganzen Stadt. Doch fast alle der 285 Postkarten werden bei der Polizei und Gestapo abgegeben, was Kommissar Escherich (überzeugend zerrissen: Daniel Brühl) und den brutalen SS-Offizier Prall (allzu klischeehaft: Mikael Persbrandt) auf den Plan ruft. Letztlich wird das Ehepaar von einem Nachbarn denunziert und vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt ...
Vielleicht sind es seine deutschen Wurzeln, die den Schauspieler (u.a. „Die Bartholomäusnacht“, „The Crow“) und Regisseur Vincent Pérez (u.a. „In deiner Haut“) an dem Stoff gereizt haben. Zumindest optisch gelingt es ihm, zusammen mit seinem Kameramann Christophe Beaucarne, die Atmosphäre der 1940er Jahre kongenial einzufangen. Auch weil die deutsch-französisch-britische Co-Produktion nicht an der Ausstattung spart: So stehen nicht, wie so oft in vergleichbaren deutschen Filmen, zwei, drei zeitgenössische Autos im Hintergrund eines fast „leeren“ Bildes, sondern eine ganze Wagen-Armada. Und viel Volk bewegt sich durch die historischen Strassen von Görlitz (das für Berlin herhalten musste).
Das gibt dem im Cinemascope-Format gedrehten Film schon mal einen authentischen Look, der dann wunderbar mit den kammerspielartigen Szenen der beiden Hauptdarsteller korrespondiert. Sie bringen mit ihrem berührenden Spiel ganz unaufdringlich die gerade wieder aktuelle Botschaft herüber, dass man sich nicht wegducken darf, wenn "etwas faul ist im Staate Dänemark".
(Rolf-Rüdiger Hamacher)

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