Erwartung – Der Marco-Effekt
Tschechische Republik, Dänemark 2021, Laufzeit: 125 Min., FSK 16
Regie: Martin Zandvliet
Darsteller: Ulrich Thomsen, Zaki Youssef, Sofie Torp
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Spannungsreiche Bestseller-Adaption
Geflecht des Bösen
„Erwartung – Der Marco-Effekt” von Martin Zandvliet
Nordische Kriminalromane erfreuen sich schon seit etlichen Jahren insbesondere in Deutschland großer Beliebtheit. Den Skandinaviern gelingt es immer wieder aufs Neue, spannungsreiche Kriminalgeschichten zu erzählen, bei denen auch die Psychologie der Täter und Ermittler nicht zu kurz kommt, und die auch vor breit ausgespielten Gewalttätigkeiten nicht zurückschrecken. Stieg Larssons „Millennium“-Trilogie hat es in schwedischer Adaption auch erfolgreich auf die große Leinwand geschafft, eine US-Interpretation mit Rooney Mara und Daniel Craig hingegen kam im Remake nicht über den ersten Fall hinaus. Auch die dänischen Kriminalromane Jussi Adler-Olsens um seinen Ermittler Carl Mørck sind hierzulande Verkaufsschlager. Nun hat Martin Zandvliet mit „Erwartung – Der Marco-Effekt“ die fünfte Adler-Olsen-Adaption mit neuer Besetzung (in den ersten vier Filmen spielten Nikolaj Lie Kaas und Fares Fares) fürs Kino aufbereitet, und das Ergebnis dürfte Fans der Buchreihe und Zuschauer ohne die entsprechenden literarischen Vorkenntnisse gleichermaßen zufriedenstellen.
Carl Mørck (Ulrich Thomsen) konnte gerade den Selbstmord eines Mannes nicht verhindern und ist entsprechend psychisch angeschlagen. Trotzdem will er nichts von seiner Beurlaubung wissen und bittet seinen Vorgesetzten Jacobsen (Henrik Noèl Olesen) darum, ihn früher als vorgesehen wieder in den aktiven Dienst aufzunehmen. Der Fall, der ihm dabei auf den Tisch flattert, liegt wie gewöhnlich schon seit Jahren auf Eis. Es geht um einen Ministerialbeamten, dem die Vergewaltigung eines jungen Mädchens und der Besitz kinderpornografischer Fotos vorgeworfen wurden, der aber vor Jahren spurlos verschwand. Nun wurde in einem Zug an der dänischen Grenze ein Roma-Junge, Marco (Luboš Oláh), aufgegriffen, der Teile des Ausweises des vermissten Mannes bei sich hatte. Mørcks Interesse ist geweckt, aber der Junge weigert sich beharrlich, auch nur ein Wort zu sprechen, und Jacobsen gibt seinen Beamten lediglich zwei Tage Zeit, Licht ins Dunkel zu bringen. Wie man es mittlerweile von den Skandinavien-Krimis gewohnt ist, lässt sich auch hier die Handlung nur schwerlich in wenigen Sätzen zusammenfassen. Erst im Laufe der gut zweistündigen Laufzeit entwirren sich die dahintersteckenden Geflechte des Bösen, bis sich schließlich eine äußerst komplexe Geschichte entfaltet, die durchdacht und überzeugend konstruiert ist. Ulrich Thomsen erweist sich als neue Idealbesetzung für den verschrobenen Beamten, der von einem zügellosen Gerechtigkeitssinn getrieben wird und in der Wahl seiner Methoden dabei nicht immer zimperlich zur Sache geht. Zandvliet („Unter dem Sand“) gelingt es in seiner Verfilmung, ausgewogen zwischen actionreichen Spannungsszenen und intelligent geschriebenen Verhörszenen zu wechseln, so dass am Ende eine runde, rundum gelungene Krimi-Adaption entsteht. Die in Adler-Olsens Vorlage bereits angesprochenen gesellschaftlichen Probleme haben nach wie vor aktuelle Relevanz und dank ihrer professionellen und gelungenen Umsetzung könnte hiermit eine neue Filmreihe mit Ulrich Thomsen etabliert werden.
(Frank Brenner)
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