Der Kölner Karneval: bunt, fröhlich – und unerbittlich. Er lässt neben sich kaum etwas zu. So liegt nicht nur manch Arbeitskraft während der fünften Jahreszeit auf Eis – auch die Kultur jenseits von Comedy kommt kaum zum Zuge. Gilt das auch für das Kino?
„Tanzt, tanzt, tanzt – sonst sind wir verloren”, forderte Pina Bausch (1940-2009) zu Lebzeiten, und auch das Kino sieht sich zunehmend diesem Appell verpflichtet. Nicht nur auf dem klassischen Weg, den aufwändige Musicals und Tanzfilme in den vergangenen Jahrzehnten ebneten und in dessen Fortsetzung sich der starbesetzte „Burlesque“ versteht. Christina Aguilera tanzte sich darin gerade durch den amerikanischen Traum, mit weichgespülten Anleihen bei Paul Verhoevens „Showgirls“. „Moulin Rouge“, „Nine“ – die letzten Jahre zeigen, dass der Wunsch nach verträumtem Bombast in Set und Dekor auch fern von Bollywood anhält.
Zwischen den Jahren – wie man so schön sagt – ist Jahresabrechnung angesagt! Inventur, Kassensturz – wie auch immer. Die Branche musste im Vergleich zum Rekordjahr 2009 wieder einen Rückgang der Einnahmen hinnehmen. Unter anderem die Fußball-WM hatte ihren Anteil daran. Die Einbußen halten sich im Vergleich zum Rückgang des Kartenverkaufs aber noch in Grenzen. Die höheren Preise für 3D-Filme konnten die Verluste zumindest in der Gesamtsicht kompensieren.
Ja, es gibt sie noch: eherne Christen. Während sich die Medien heute eifrig auf die zahlreichen Sünder vorm Kreuze stürzen, erzählt das Kino auch mal von den weißen Schafen unter all den schwarzen. So wie jetzt zur Weihnachtszeit mit dem Drama „Von Menschen und Göttern“, eine auf wahren Ereignissen basierende Geschichte über neun Mönche in einem Kloster in Algerien, die sich entscheiden müssen, die eigene Haut zu retten oder den selbstlosen, christlichen Gedanken vorzuleben.
Neben den aktuellen Kinostarts war in der letzten Ausgabe auch die Kinogeschichte ein Thema. Und zwar nicht die Filmgeschichte – die Geschichte der Kinofilme, sondern tatsächlich die relativ unbeleuchtete Geschichte der Kinos. Licht ins Dunkel brachte mit ihrer Erinnerungsarbeit die Veranstaltung „Kölner Kinogeschichte(n)“, die neben Filmen auch eine Stadtführung anbot. Der Andrang des Publikums war groß, und die Stadtführung entlang der ehemaligen Kinomeile am Ring war nicht nur schnell ausgebucht, auch ein kurzfristig organisierter zweiter Termin war sofort dicht.
Wenn man nicht gerade dem Beruf des Bestattungsunternehmers oder des Gerichtsmediziners nachgeht, hat man in der heutigen Zeit nur recht selten direkten Kontakt mit dem Tod. Umso häufiger wird man indes mit dem Sterben in den Medien konfrontiert. Viele Kinder und Jugendliche dürften schon dutzendfach in Serien und Filmen dem Tod ins Antlitz geschaut haben, bevor er zum ersten Mal real in ihr Leben tritt. Diese Tatsache auf den bloßen Sensationseffekt zu reduzieren und den Medien zu unterstellen, sie würden damit eine voyeuristische Morbidität des Zuschauers befriedigen, ist allerdings zu kurz gegriffen. Das wird insbesondere am Programm des aktuellen Kinomonats deutlich, in dem der Tod und das Sterben mehrfach im Mittelpunkt der Filmhandlungen stehen, dennoch aber in erster Linie philosophische und existenzialistische Fragestellungen thematisiert werden.
„Enter the Void“ von Gaspar Noé: Über zweieinhalb Stunden lang aus der subjektiven Perspektive seines toten Protagonisten gefilmt. „Kinatay“ von Brillante Mendoza: Der Zuschauer steckt zusammen mit der Hauptfigur in einem Kleinbus, auf dem Weg zu einem fürchterlichen Verbrechen. „Mary & Max“ von Adam Elliot: zwei tragische Hauptfiguren – die eine trinkt, die andere ist Autist. Beide sind animierte Knetpuppen. „Me Too“ von Álvaro Pastor & Antonio Naharro: Nicht nur der lebensfrohe Protagonist leidet am Down-Syndrom, sondern auch dessen Darsteller. Vier komplett unterschiedliche Filme, die im August in unseren Kinos starten, denen doch etwas gemein ist: Sie alle loten Grenzen aus, sie alle bereichern das Kino mit inhaltlich-formellen Grenzgängen. Und das in einer Zeit, in der die Spielräume – vor allem in finanzieller Hinsicht – enger werden.
Für die Mehrheit der Kinozuschauer in aller Welt bieten Filme wohl in erster Linie eine Ausflucht aus ihrer Alltagsrealität, eine notwendige Ablenkung vom täglichen Einerlei. Aber Kino hat seit jeher auch politische Statements transportiert, konnte und wollte aufrütteln und die Gesellschaft auf Missstände aufmerksam machen. Im März 2010 wurde mal wieder deutlich, dass die Meinungsfreiheit nicht in allen Ländern respektiert wird und dass man auch als politisch engagierter Filmemacher ins Visier der Machthabenden geraten kann. Der iranische Regisseur Jafar Panahi („Offside“) wurde am 1. März zusammen mit weiteren Familienangehörigen in seinem Haus in Teheran verhaftet. Panahi hatte mit seinen unabhängig hergestellten Arbeiten seit 1995 in Cannes, Locarno, Venedig, Valladolid und Berlin einige der wichtigsten internationalen Auszeichnungen gewonnen.
„Based on a true story“ – Filme, die auf wahren Geschichten beruhen. In Australien sind solcherlei Filme äußerst beliebt. Die Videotheken dort weisen eigene Regale auf, in denen ausschließlich Filme stehen, deren Geschichten das Leben schrieb.
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