Der 31. Januar 2019 war ein guter Tag. Das europäische Parlament verabschiedete ein Lobbyistenregister. Für Nina Katzemich von LobbyControl war es ein „Meilenstein für Transparenz und Demokratie in Europa“. Erstmals ist es mit diesem verpflichtenden Register möglich, zu sehen, welche Interessenvertreter welche Abgeordneten treffen, wenn sie über Gesetzesvorschläge beraten. Vor dem Hintergrund, dass in Brüssel etwa 30.000 Lobbyisten arbeiten, ergibt Transparenz Sinn. Die meisten der 30.000 arbeiten für die Interessen der Wirtschaft und geben jährlich rund 1,5 Milliarden Euro aus, um Gesetze, Politik und öffentliche Meinung zu beeinflussen. 7.000 von ihnen haben einen Dauerzugangspass für das Parlament und können sich dort jederzeit aufhalten.
Trotz Widerstands der Europäischen Volkspartei (EVP), der Parteienfamilie der europäischen Konservativen und Christdemokaten, wurde das Register verabschiedet. Dass Brüssel nun aber den Takt in Sachen Transparenz in Europa vorgibt, ist gut. Dennoch ist auch Europa weit entfernt von Perfektion. So gibt es für die EU-Kommission zwar ein Register, der Eintrag ist jedoch nicht verpflichtend, sondern freiwillig.
In Berlin liegt die Latte sogar extrem tief, wenn Interessenvertreter Zugang zum Bundestag, zu Parlamentariern und Ausschüssen begehren. Der Eintrag in die sogenannte Verbändeliste ist, wie bei der EU-Kommission, freiwillig. Auf der Internetseite des Bundestages heißt es: „Mit der Registrierung sind keine Rechte und auch keine Pflichten verbunden.“ (Stellt sich die Frage: Was soll das dann?) Dass es bis heute keine Verpflichtung gibt, liegt auch in Deutschland vor allem an den Unionsparteien, die mit fadenscheinigen Argumenten Stimmung hiergegen machen. So schüttete der ehemalige Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Bömer, das Kinde mit dem Bade aus, als er Ängste schürte, ein Lobbyregister könne Bürger aus den Wahlkreisen von Besuchen bei ihrem Abgeordneten abschrecken. So, als ließe sich zwischen einem Bürger und einem Interessenvertreter der Pharmaindustrie nicht unterscheiden.
Laut einer aktuellen Umfrage würden 86 Prozent der Bundesbürger eine stärkere Regulierung des Lobbyismus begrüßen. (So groß kann die Angst der Bürger also nicht sein.) Sogar 73 Prozent der Unions-Parteigänger finden den Einfluss von Lobbyisten auf die Politik zu hoch. 82 Prozent der Unionswähler und 87 Prozent der FDP-Wähler könnten sich für ein Lobbyregister erwärmen. (Schlusslichter sind übrigens mit 80 Prozent die Anhänger der SPD und mit 76 Prozent die der AfD.)
Das allgemeine Verlangen nach Transparenz scheint jedenfalls bei den betroffenen Verbänden angekommen zu sein. Ende Juni wurde öffentlich, dass Interessenverbände und NGOs gemeinsam ein Eckpunktepapier für ein Lobbyregister formuliert haben. Die Liste der Unterzeichner ist eine ungewöhnliche Allianz: Neben Vertretern des Naturschutzbundes Deutschlands, des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Transparency International unterzeichneten auch Vertreter des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) sowie der Familienunternehmer den Vorschlag. Vor allem die Wirtschaft scheint langsam, aber sicher zu kapieren, dass die Auswirkungen des Lobbyismus vor allem eines tun: Geld kosten!
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