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Liebt die Randzonen des Genrekinos: Christian Meyer

Spielregeln brechen

31. Juli 2014

Am Rande des Genres ist am meisten Mensch – Vorspann 08/14

Das WM-Finale war ein Fußballkrimi – keine Frage. Ist Fußball dann ein Genrefilm? Eher nicht. Und wenn doch, dann ist er nun vorbei und hat ein Happy End gefunden. Die hiesige Kinoszene hat es sich während der WM nicht nehmen lassen, neben dem ganzen Public Viewing auch ein paar Fußball-Filme zu platzieren. Zum Beispiel bei den Kölner Kino Nächten – die vom 10. bis 13. Juli kurz vor WM-Abpfiff zwischen Halbfinale und Finale durchgedribbelt sind. 3000 Zuschauer kamen – trotz WM, trotz Sturmwarnung. Eine Verlängerung des Fußball-Kinos gibt es im August mit einer Doku über den SC Fortuna Köln – Näheres dazu in unserem Kinokalender. Dann reicht es aber auch. Wir bleiben dabei: Fußball ist auch auf der Leinwand kein Kino. Trotz ca. 90 Minuten Laufzeit, trotz Stars, Kameraleuten, Montage, Regie und meist klassischer Spannungskurve, die wie im Finale auch mal zum Krimi oder im Halbfinale zur Tragikomödie mutieren kann. Am Ende bleibt Fußball Fußball und Kino Kino.

Das lässt sich über das Genrekino nicht so einfach sagen. Mitunter will der Filmemacher schlicht und einfach einen bestimmten Geschmack bedienen. Wegen klingelnder Kassen oder aus der Freude an der Perfektionierung bestimmter Standards. Manche machen das Genre selbst zum Thema und spielen humorvoll mit dessen Regeln. Genreparodien gibt es in fast jeder Schublade. So hat Wes Craven mit der Splatter-Reihe „Scream“ und ihren drei Sequels genüsslich und intelligent sein Lieblingsgenre seziert. Selbstreflexion ist meist ein Mehrwert, nur leidet auf Dauer die Empathie darunter. Uneigentlich nennt man dieses Um-die-Ecke.

Man kann aber auch ganz ernsthaft die unterschiedlichsten Genres bedienen, um seine ganz eigene Autorenhandschrift und sein Thema dort hineinzulegen. Lars von Trier macht das gerne, Jean-Luc Godard ebenso und auch Stanley Kubrick hat sich im Genre wohlgefühlt. Allein – es ist ihnen dann meist doch etwas zu eng, und die Regeln müssen gedehnt und verbogen werden. Ganz wie in Godards berühmtem Ausspruch: „Ein Film muss einen Anfang, eine Mitte und ein Ende haben – aber nicht unbedingt in dieser Reihenfolge“. Regelbrüche innerhalb eines engen Regelwerks sind besonders reizvoll. Beim Fußball gibt es dafür Strafen, beim Film nicht. Im August laufen gleich mehrere Filme an, mit denen Autorenfilmer ins Genre wechseln: Mit „Night Moves“ versucht sich Kelly Reichardt nach ihrem Spät-Western „Meek‘s Cutoff“ nun an so etwas wie einem Terroristen-Thriller. Thrill erfährt bei ihr jedoch eine zeitlupenhafte Neudefinition. Und auch „Sag nicht, wer du bist!“ vom kanadischen Regie-Wunderkind Xavier Dolan ist nur indirekt an Suspense interessiert. Der Teenage-Werwolf-Film „When Animals Dream“ setzt ganz neue Akzente innerhalb seines Genres. Das Ergebnis: In all diesen Filmen geht es nicht nur um Stereotypen, sondern um echte Menschen. Wie beim Fußball.

CHRISTIAN MEYER

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