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Langeweile und Wahnwitz

28. Februar 2013

ComicKultur 03/13

Lukas Jüliger hat mit „Vakuum“ ein erstaunliches Debüt hingelegt. Zeichnerisch ist er mit seinem dünnen, weichen Strich und der kontrastarmen Kolorierung sehr eigenständig. Auch auf der narrativen Ebene geht er ungewohnte Wege, die am ehesten noch an ein Teeniedrama wie „Black Hole“ erinnern: Ein langweiliges Städtchen, ein schockierendes Verbrechen und eine zart keimende erste Liebe. Und dann gibt es noch ein Geheimnis. Berührend und spannend zugleich erzählt Jüliger von der adoleszenten Langeweile, großen Erwartungen und dem Wahnwitz in der Provinz (Reprodukt). Étienne Davodeau widmet sich in „Lulu – Die nackte Frau“ dem Ausbruch einer Frau um die 40. Drei Kinder hat sie, und einen aggressiven, trinkenden Mann. Einer plötzlichen Eingebung folgend kehrt sie nach einem ernüchternden Vorstellungsgespräch nicht mehr heim. Stattdessen macht sie etwas, was sie seit 15 Jahren nicht mehr getan hat: Sie denkt an sich und tut, was ihr gefällt. Das löst in ihrem Umfeld allerlei Chaos aus. Davodeau erzählt in kunstvollen Rückblenden und realistischen Farbzeichnungen (Splitter).

Mit „Die falschen Gesichter“ begleiten David B. & Tanquerelle Bankräuber, die über die Jahre mit einer ausgeklügelten Strategie die Pariser Polizei in Atem halten. Für David B. ist dieses spannende Genrestück sicher ungewöhnlich, aber die genaue Charakterzeichnung und Milieustudie steht auch ganz in der Tradition eines Tardi – ebenso wie die Zeichnungen (avant-verlag). Nochmal Genre: Ein spannender Politthriller kommt von Robert Venditti („The Surrogates“) und Mike Huddleston. In „The Homeland Directive“ hält ein Virus die USA in Atem. Schnell wird klar: Es handelt sich nicht nur um einen terroristischen Anschlag, er kommt auch aus den eigenen Reihen. Nicht nur die Story ist raffiniert, auch die Bilder sind vielschichtig und arbeiten mit verschiedenen Stilen (Carlsen). Joann Sfar erzählt von „Chagall in Russland“. Es ist eine fiktive Biografie, die die Künstlerwerdung des jungen Marc mit einer unglücklichen Liebesgeschichte und den Pogromen an der jüdischen Bevölkerung verbindet. Das farbenfrohe Portrait aus dem Russland der Jahrhundertwende ist wild und farbenfroh, so brutal wie vital, und letztendlich so humanistisch und lebensbejahend, wie man es auch aus seinem Musiker-Abenteuer „Klezmer“ kennt (avant verlag).

Mit „2009“ ist nach „1910“ und „1969“ nun der dritte Teil von „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ von Alan Moore und Kevin O'Neill abgeschlossen. Im letzten Teil wird Mina von Orlando aus der Psychiatrie befreit, und es kommt zum großen Kampf gegen einen Schüler des Magiers Haddos, der die Apokalypse herbeiführen will. Zitatreich wie eh und je entfesseln Moore und O'Neill wieder beste psychedelische Fantasy (Panini). Die von Sascha Hommer herausgegebene Anthologie Orang ist bei ihrer zehnten Ausgabe angelangt. Fantastisch geht es auch hier zu: Unter dem Thema „Heavy Metal“ versammelt der Band Arbeiten von Anke Feuchtenberger, Aisha Franz, Martina Lenzin, Marijpol, Verena Braun oder Sascha Hommer, die sich mal konkret, mal abstrakt, mal assoziativ mit dem Thema beschäftigen (Reprodukt). „Verbotene Kunst – Eine Moskauer Ausstellung“ ist ein Genrezwitter: Die von Anton Nikolajew geschriebene Gerichtsreportage über den Moskauer Prozess zur Ausstellung wird an prägnanten Stellen von Wiktoria Lomasko illustriert und dokumentiert anschaulich die kulturelle Zensur im Land, wie sie spätestens seit „Pussy Riot“ auch international wahrgenommen wird (Matthes & Seitz).

CHRISTIAN MEYER

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