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Katharina Wackernagel und Jonas Grosch zu Besuch in Köln

Einsame Menschen

01. Juli 2019

„Wenn Fliegen träumen“ im Odeon – Foyer 07/19

Sonntag, 30. Juni: Jonas Grosch war richtig happy, dass trotz Hitzerekords interessierte Zuschauer ihren Weg in den Kinosaal des Odeons im Severinsviertel gefunden hatten, um bei der Köln-Premiere des Regiedebüts von seiner Schwester Katharina Wackernagel dabei zu sein. Immerhin handele es sich bei „Wenn Fliegen träumen“ ja um ein Road Movie, das seine ZuschauerInnen in den kühlen Norden mitnimmt, was einen dann immerhin über die visuelle Ebene etwas abkühlen lasse. Schauspielerin Wackernagel erläuterte dem Kölner Publikum dann nach der Projektion ihres ersten Langfilms, dass sie schon mit 18 Jahren Ambitionen zum Regieführen gehabt habe. Damals hätte sie, auch schon nach einem Drehbuch ihres Bruders Jonas Grosch, einen Kurzfilm inszeniert. Warum es nun so lange gedauert habe, bis ihr erster abendfüllender Spielfilm entstand, wisse sie selbst nicht so genau. „Ich glaube, ich wollte zunächst eher vor der Kamera stehen und spielen“, erläuterte Wackernagel weiter. Hinzu käme, dass „Wenn Fliegen träumen“ eine sehr lange Entstehungsgeschichte habe. Das Drehbuch zum Film sei schon fünfzehn Jahre alt, und nach einem ersten Anlauf, es mit Nina Weniger und Wackernagel in den Hauptrollen zu verfilmen, sei das aber an der nicht zustande gekommenen Finanzierung gescheitert.

Begrüßte die Filmemacher im Odeon-Kino: Martin Roelly

Als es nun doch endlich geklappt hat, hatten sich einige Änderungen ergeben. Die ursprünglich für Wackernagel vorgesehene Figur wurde nun von Thelma Buabeng gespielt. „Die Idee dazu kam von Katharina selbst, und dadurch ist ein sehr spezielles Paar entstanden, das dem Film viel hinzugegeben hat“, kommentierte Jonas Grosch. Dass er in diesem Fall die Regiearbeit in die Hände seiner Schwester abgab und neben dem Schreiben des Drehbuchs „nur“ die Produktion des Films übernahm, stellt für Grosch eine Bereicherung dar, weil Wackernagel auf diese Weise eigene Ideen und Ansichten zum Buch hinzugefügt habe. Da sie beide aber ohnehin eine gleiche oder ähnliche Vision vom Ergebnis gehabt hätten, wäre es auf diese Weise zu zweit einfacher als für einen alleine gewesen. Für Wackernagel war das Regieführen eine aufregende neue Erfahrung, zumal sie in den letzten 20 Jahren als Schauspielerin häufig über ihre Regisseure gelästert habe. „Es gab Situationen, in denen ich den Wald vor lauter Bäumen nicht sah. Aber Jonas war stets vor Ort, was für mich sehr entlastend und inspirierend war. Ich hätte allerdings nie gedacht, dass ein Regisseur so viele Entscheidungen treffen muss“, sagte Katharina Wackernagel in Köln.

Jonas Grosch und Katharina Wackernagel beim Publikumsgespräch

Zu den größten Problemen der Produktion hätte die ständige Treibjagd nach Licht gehört, die sie in Norwegen abhalten mussten. „Wenn Fliegen träumen“ war ursprünglich als Sommerfilm geplant gewesen, musste dann allerdings im Februar gedreht werden, als es nicht, wie im Sommer im Norden üblich, nur zwei bis drei Stunden am Tag dunkel war, sondern höchstens fünf oder sechs Stunden hell. Der Zeitdruck, den das verursachte, wäre aber gut aufgefangen worden, weil alle Mitglieder des kleinen Teams bei allem tatkräftig mit angepackt hätten, resümierte die Regisseurin. Die Tatsache, dass der Chefkameramann beispielsweise seine Schärfe selbst ziehen musste und jeder überall mit Hand angelegt hat, habe das Team auch unglaublich eng zusammengeschweißt. Großen Wert legt Jonas Grosch auch auf die Zusammenstellung des Soundtracks zum Film, weil ihm Musik seit jeher sehr wichtig ist. „Die vielseitige Geschichte sollte sich auch in einem bunten Soundtrack widerspiegeln“, erläuterte der Drehbuchautor und Produzent beim Publikumsgespräch. Da man nicht die großen Platten-Majors unterstützen und aufgrund des kleinen Budgets auch gar nicht die finanziellen Möglichkeiten dazu gehabt hätte, habe sich Grosch bemüht, „weniger bekannte Sachen zu finden, die die Atmosphäre gut wiedergeben“. Beim Schreiben des Drehbuchs hätte er die entsprechenden Musikstücke noch nicht im Kopf gehabt, sondern habe diese dann erst in der Post-Produktionsphase ausgewählt. Da er sich bei der Zusammenstellung dermaßen viel Mühe gegeben habe, „musste ich das am Ende auch auf Vinyl würdigen“. Deshalb ist der Soundtrack von „Wenn Fliegen träumen“ parallel zum Kinostart nun auch auf Schallplatte im Handel erhältlich.

Text/Fotos: Frank Brenner

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