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In „La Preuve“ verliert Ali die Kontrolle über sein Leben
Foto: Sarah Films

„Eher würde ich sterben, als es ihr zu sagen“

29. September 2014

Das Afrika Film Festival präsentierte am 25.9. im Filmforum „La Preuve“ – Festival 09/14

Donnerstag, 25.9.: Mit einer Einleitung durch eine Mitarbeiterin des Afrika Film Festivals „Jenseits von Europa XIII“ wird dem Publikum im Filmforum Amor Hakkar, der Regisseur des heutigen Films nähergebracht. Dann geht es los.

La Preuve“ (auf Deutsch „Der Beweis“) erzählt vom Schicksal Alis, einem Taxifahrer, dessen Leben innerhalb weniger Tage auseinanderbricht. Am Anfang des 95-minütigen Dramas erfährt der Zuschauer, dass Ali und seine Frau Houria seit über einem Jahr verheiratet sind, sie zwei Töchter von ihrem verstorbenen Ehemann mit in die Ehe gebracht hat und dass das Paar gerne einen gemeinsamen Sohn hätte, Houria aber nicht schwanger wird. Die beiden sind trotzdem glücklich, und Ali hat zu seinen Stieftöchtern ein liebevolles Verhältnis. Das Familienleben ändert sich radikal, als Ali beschließt, heimlich in eine andere Stadt zu fahren, um einen Fruchtbarkeitstest machen zu lassen. In Algerien ein absolutes Tabuthema. Er spricht mit niemandem darüber.


Alis Ehefrau Houria zweifelt an ihrem Mann, Foto: courtesy Filminitiative Köln

In der Arztpraxis trifft er, für beide sichtbar unangenehm, einen bekannten Polizisten. Und während er auf die Testergebnisse wartet, spricht ihn eine junge Frau namens Fatima an und will, dass er sie mit seinem Taxi in die Stadt Khenchela fährt. Ali willigt ein, lässt Fatima aber erst mal alleine in seinem Taxi zurück, um sein Ergebnis zu holen. Dem Zuschauer wird zunächst nicht verraten, wie es ausgefallen ist. Aber Bilder sagen mehr als Worte, und Ali ist auf der Fahrt nach Khenchela niedergeschlagen und gedankenversunken. Während eines Zwischenstopps an einer Tankstelle bemerkt er, dass Fatima hochschwanger ist, und sie erzählt ihm daraufhin ihre Geschichte. Der Vater ihres Kindes sei verheiratet, hätte ihr es verheimlicht und wolle ihr gemeinsames Baby nicht. Ihre eigene Familie hätte sie wegen der Schwangerschaft verstoßen. Sie bittet Ali darum, sie zu einem Zentrum für Frauen in Not zu fahren – dort trennen sich ihre Wege.

Der Film, der bis dahin durch eine ruhige Kamera und Wortkargheit auffällt, gewinnt an Tempo. Durch den Fruchtbarkeitstest und die Begegnung mit Fatima gerät Alis Leben aus den Fugen. Zu Hause verändert er sich seiner Frau gegenüber. Er ist verschlossen und abweisend, und einige Tage nach dem Test wird er verhaftet. Fatima hat ihn angezeigt, er soll der Vater ihres ungeborenen Kindes sein und sie sitzengelassen haben. Für den sterilen Ali sind die Anschuldigungen blanker Hohn. Nach mehreren Befragungen findet der Polizist, den er im Warteraum vor dem Fruchtbarkeitstest gesehen hat, das Testergebnis und entlastet ihn. Ali wird entlassen. Aber es kommt nicht zu einem Happy End. Alis Frau Houria glaubt nicht an seine Unschuld und zieht mit ihren Kindern zu ihren Eltern. Ali muss sich entscheiden, ob er seiner Frau die Wahrheit sagt oder weiterhin schweigt und sie verliert. In einem Gespräch mit einem Freund wird Alis Verzweiflung sehr deutlich. Er würde lieber sterben, als seiner Frau die Wahrheit zu sagen. Er möchte nicht, dass sie ihn für unmännlich hält und entscheidet sich am Ende dafür, ihr nichts zu sagen. „La Preuve“ hinterlässt den Zuschauer mit einem bitteren Beigeschmack, weil am Ende doch noch falscher Scham und Vorurteile siegen.

Nadina Schwarzbeck

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