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Für einen Moment ungläubig verstummt: Hartmut Ernst

Abgedreht

27. Februar 2014

Zum Tode von Philip Seymour Hoffman – Vorspann 03/14

Es ist dieser völlig unerwartete Moment, der einen für einen andauernden Augenblick ungläubig verstummen lässt, der einen in Bestürzung versetzt, der einen lähmt in flüchtigem Schock und nachhaltiger Trauer. Und der eine ungewisse Gewissheit erwachsen lässt darüber, was einem nun in Zukunft alles entgeht. Was ist passiert?Philip Seymour Hoffman ist gestorben.Einfach so. Und während die Medien hierzulande schon am Tag darauf vordergründig die Todesursache durchjournalisieren („Versorgte sein Dealer schon Amy Winehouse mit Drogen?“), anstatt erst einmal angemessen zu würdigen, wer da gelebt hat, („Owning Mahony“, „Capote“, „The Master“) ,überschattet die Nachricht andere schlicht und bloß mit stummer Fassungslosigkeit. Weil da ein Leinwandkünstler stirbt, den man schätzte. Der aber vor allem noch mitten im Leben stand, mitten im Spiel. Ein viel zu früher Tod ereilte Philip Seymour Hoffman. Gleiches wiederfuhr James Gandolfini im letzten Jahr und Heath Ledger 2008. Und natürlich sind noch andere gestorben in den letzten Monaten. Otto Sander und Peter O'Toole, Rosemarie Fendel und Maximilian Schell. Doch sie allesamt hinterließen ein abgeschlossenes Lebenswerk. Anders als Hoffman, Gandolfini, Ledger und – seien wir fair – anders auch als ein Paul Walker, der sich vielleicht noch an die Liga der anderen heran gespielt hätte, wäre er nicht tödlich im Auto eines Kumpels verunglückt. Was bleibt, ist das unvollendete Vermächtnis einer Phase, ein Stückwerk abendfüllender Erinnerungen.

Was aber hat ein Nachruf im Vorspann verloren? Was kümmert uns der Tod eines Schauspielers, den wir nicht kennen? Eines Fremden, den man vermisst, um den man trauert? Er kümmert uns, weil wir damit wieder mitten drin sind im Kino, das beim Zuschauer auf abstrakte, mitunter verteufelt spielerische Art Emotionen freisetzt, die sich auf Mechanismen und Erfahrungen stützen, die das tatsächliche Leben schreibt. Es ist gewaltig, was das Kino mit einem anstellen kann. So trivial und synthetisch, so echt und wahrhaftig.

So wie die Trauer um Philip Seymour Hoffman. Kein Freund, kein Partner. Aber eine anregende Gewohnheit, die zu einer erhabenen Konstante erwuchs. Zu einer Bereicherung. Ein cineastischer Weggefährte, ein Zeitgenosse, der spätestens jetzt ein Star ist. Stars werden nicht Stars genannt, bloß weil sie strahlen. Dann wäre ja jeder sogenannte „Superstar“ ein Star. Nein, Stars sind Stars, weil sie auch noch leuchten, wenn sie schon tot sind, einem Stern gleich. Philip Seymour Hoffman hat ein paar Filme abgedreht, die zum Zeitpunkt seines Todes noch nicht im Kino gestartet sind. Und so wird er für uns auch auf der großen Leinwand noch ein wenig nachflackern. Und das ist schön so.

Hartmut Ernst

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