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Quer durch den Klangdschungel

27. Juli 2017

Auf Entdeckungsreise mit Avey Tare, F.S.K., Boris und anderen – Kompakt Disk 08/17

Diese Musik ist so reich! Avey Tare, Teil der psychedelischen Glam-Rocker Animal Collective, macht immer wieder Soloalben, die deutlich ruhiger ausfallen als die seiner Band. Sein drittes Soloalbum „Eucalyptus“ gleicht einer Wanderung durch einen nächtlichen Dschungel. Es fiepst und zirpt im Hintergrund, dann raschelt es unter dem seichten Gitarrenklang, und darüber echot Avey Tares gedehnter Gesang. Ein psychedelisches Folkalbum, das auch als Traumreise funktioniert (Domino). Im Jahr 1972 haben Lal & Mike Waterson von der britischen Folkband The Watersons ein Album aufgenommen, auf dem auch zahlreiche Musiker der erfolgreichsten Folk-Rock-Bands des Landes – Fairport Convention und Steeleye Span – zu hören waren. Das Album gilt als vergessener Klassiker und wird nun endlich wiederveröffentlicht. Neben ordentlichen Folksongs sind es melancholische Stücke wie „Fine Horseman“ oder „The Scarecrow“, die das Album in die Nähe von Nico oder Nick Drake rücken und es heute als Folk-Klassiker gelten lassen, der unter dem Etikett Folk-Noir natürlich auch Neo-Folkies wie David Tibet von Current 93 begeistert. Vielleicht führt das ja auch dazu, dass andere Folkplatten der frühen 70er Jahre wie das großartige Steeleye Span-Debüt, das einzige Album der Folk-Supergroup Fotheringay oder die französischen Malicorne von einer größeren Hörerschaft entdeckt werden (Domino).

Die Diskurs-Band F.S.K. hat im vergangenen Jahr im Haus der Kulturen der Welt ihre Hommage an den Futuristen Luigi Rossolo „Ein Haufen Scheiß und ein zertrümmertes Klavier“ aufgeführt. Jetzt erscheint das Werk limitiert mit Siebdruckcover. Zwei Plattenseiten, ein Stück, das zwischen einem stoisch geprügelten, archaischen Beat immer wieder Platz macht für Drones, Krachsinfonien und am Ende dann sogar einen FSK-typischen Gesangspart (Martin Hossbach). 24 Alben in 25 Jahren: So langsam und mächtig ihre tief tönende Musik drückt und schiebt, der Veröffentlichungsplan des japanischen Sludge-Trios Boris ist beeindruckend schnell. Benannt nach einem Melvins-Song, geben sich die drei verbliebenen Gründungsmitglieder große Mühe, dieser Referenz nach wie vor Ehre zu erbieten. Das gelingt ihnen auch mit dem neuen Monstrum „Dear“ zwischen dröhnenden Abstraktionen und songorientiertem Dröhnen wieder sehr gut (Sargent House).   

XL-Chef Richard Russel veröffentlicht als Everything is Recorded das 5-Track Debüt „Close But Not Quite“. Debüt stimmt nicht ganz, weil er in den frühen 90ern als Kicks Like a Mule schon Rave-Hymnen produziert hat, aber das ist lange her. Hier versammelt er Vokalisten und Musiker wie Warren Ellis (Nick Cave) oder Green Gartside von Scritti Politti für coole Grime-, R‘n‘B- und Soulproduktionen mit Samples von Curtis Mayfield und Gil Scott-Heron (XL). Die Compilation Synthesize the Soul versammelt „Astro-Atlantic Hypnotica from the Cape Verde Islands 1973-1988“. Alles klar? Also: Als in den 70er und 80er Jahren wegen der politischen Instabilität auf den Cap Verden zahlreiche Migranten nach Westeuropa kamen, brachten sie auch ihre Musik in die Städte Südeuropas. Dort entdeckten die Musiker elektronische Instrumente für sich und bauten sie in ihren melodischen, uplifting Sound ein. Das Ergebnis ist rhythmisch komplex und melodisch betörend schön wie die Folklore der Cap Verden, schließt aber außerdem an Soul, Funk und Disco an, ohne seine Eigenarten zu verlieren (Ostinato Records).

Christian Meyer-Pröpstl

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