Die Mutter – sie ist uns Geborgenheit schlechthin, warm und weich und süß wie Milch, aber man kann in ihrer Fürsorge auch ertrinken. Mit einer furiosen Collage aus Gesang, Dialog, Geräusch und Schauspiel schöpft die Künstlergruppe Stimmfeld mit ihrer Produktion „Muttersprachen“ aus dem großen Suppentopf der Mythen und Phänomene des Mütterlichen, das sich uns mit der Sprache in den Körper einschreibt. Gleich zu Beginn der Inszenierung von Agnes Pollner und Ralf Peters in Köln in der alten Feuerwache dürfen wir miterleben, wie sich das Urwort der Menschheit, das „Mama“, aus dem Genuschel des Babys entwickelt, um die ganze Palette der Emotionen in sich aufzunehmen, vom bittenden, flehenden, verliebten, bis zum fordernden oder zornigen Unterton. Toll ist das, ebenso wie die Gegenstücke der mütterlichen Klänge, die das Kind hätscheln oder mit scharfer Stimme terrorisieren.
Sprache als Medium, in dem Bedeutung körperliche Formen annimmt, wird hier erlebnissatt präsentiert. Wie weit ist sie uns, die Sprache Heimat, hält sie uns in Abhängigkeit, schenkt sie uns Selbständigkeit? Fragen, die immer wieder durch die kurzen Szenen hindurchschimmern. Klug und mit großzügigem Humor wird hier inszeniert, augenzwinkernde Ironie ist stets im Spiel der 13 Männer und Frauen enthalten. Mitunter bestehen Szenen fast nur noch aus jenen Zwischentönen, die unserem Sprechen die emotionale Färbung geben und in der Kommunikation die eigentliche Botschaft enthalten, die für Menschen relevant ist. Eine Färbung, die nur im Klang zum Ausdruck kommt und im digitalen Medium verschwindet. In den „Muttersprachen“ ist sie in ihrem Witz und ihrer klanglichen Pracht herrlich präsent.
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Für die Verständigung
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Identitäre Spiegelungen
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