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Foto: Jan Schliecker

„Das wäre das Ende der Energiewende“

27. März 2014

Lorenz Jarass sieht keine Notwendigkeit für den geplanten Stromnetzausbau – Thema 04/14 Energiewende

choices: Herr Professor Jarass, muss man „ja“ zum Stromnetzausbau sagen, wenn man die Energiewende will?
Lorenz Jarass:
So scheint es auf den ersten Blick. Windenergie aus dem Norden muss zur Industrie im Süden, die noch durch die Atomenergie versorgt wird. Allerdings ist nicht belegt, dass die geplanten Trassen für die Integration des Windstroms benötigt werden. Vielmehr sollen auch bei Windspitzen die Kohlekraftwerke in Ost- und Westdeutschland mit voller Leistung einspeisen können. Ich kenne die Motive vom bayrischen Ministerpräsidenten Seehofer für einen Netzausbaustopp nicht, aber in der Sache liegt er richtig.


Soll konventioneller Strom nur dann eingespeist werden, wenn der regenerative Strom für Versorgung und Netzstabilität nicht ausreicht?

Prof. Lorenz Jarass
Foto: Presse
Prof. Lorenz Jarass ist Wirtschaftswissenschaftler an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden. Er ist Experte für Energie- und Steuerrecht und ist Sachverständiger im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages.

Bei einem kurzfristigen Energieengpass brauchen wir die Einspeisung konventionellen Stroms aus systemischen Gründen. Bei den geplanten Leitungen spricht aber vieles dafür, dass sie dem ungestörten Weiterbetrieb der Kohlekraft bei zeitgleicher Starkwindeinspeisung dienen. Für die ostdeutschen Kohlemeiler um Leipzig herum können wir das mit Berechnungen sogar nachweisen. Für das Rheinische Revier zwischen Aachen und Köln liegt zumindest die Vermutung nahe, dass es dort ebenso ist.

Der Verbraucher soll also einen Netzausbau bezahlen, der für die Energiewende gar nicht notwendig ist, damit Energiekonzerne weiterhin Kohlestrom produzieren und ihn billig verkaufen können?
Welcher Strom genau exportiert wird, das wissen wir nicht, die Elektronen tragen ja keine ‚Ear-Mark‘ ob sie aus regenerativen Quellen stammen oder aus konventionellen. Was wir wissen ist, dass die Produktion von Strom die Nachfrage übersteigt. Und der wachsende Export von Strom wird durch den massiven Leitungsausbau ermöglicht, weil mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien die Kohle immer stärker unter Druck gerät. Im ungünstigsten Fall verbrauchen wir den Kohlestrom hier in Deutschland und verschenken den teureren Öko-Strom ins Ausland. Dabei zahlt der Verbraucher mittlerweile rund zehn Cent pro Kilowattstunde für EEG-Umlage und Netzausbau. Das gefährdet die Akzeptanz der Energiewende in der Öffentlichkeit.


Kann man von einem faulen Kompromiss zwischen den Befürwortern erneuerbarer Energien, wie den Grünen, und der Kohlekraftlobby, in Gestalt der SPD, sprechen? Beide sind immerhin natürliche Bündnispartner und stellen einige Landesregierungen.
Es gibt zumindest einen informellen Kompromiss zwischen den „Windmüllern“ aus dem Norden und den „Kohlemüllern“ in den Abbaugebieten in Ost- und Westdeutschland. Die NRW-Ministerpräsidentin Kraft hat das doch recht offenherzig zugegeben: Sinngemäß hat sie gesagt, dass sie sehr für den Ausbau erneuerbarer Energien sei, soweit die Kohlekraft nicht beeinträchtigt werde. Der Kohlestandort NRW soll erhalten bleiben. Nur ist so eine CO2-Reduktion nicht machbar.


Was sollte statt des Netzausbaus geschehen?
Wollen wir die Energiewende retten und ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit nicht riskieren, braucht es flexibel regelbare Gaskraftwerke in Süddeutschland. Atomstrom durch Kohlekraft ersetzen, das wäre das Ende der Energiewende.

INTERVIEW: BERNHARD KREBS

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